Arnold Schwarzhand, Inhaber der Tabakgarage, will sein Portfolio um Bienenprodukte anreichern(1). Wer Zigarren kauft, kauft auch Wachskerzen und Propolistinktur, denkt er. Auf seiner Garage ist noch Platz für drei Bienenvölker, Nachdem sein digitaler Humidor gut funktioniert, will Arnold auch bei der Bienenhaltung Informationstechnik nutzen und von Beginn an eine digitale Imkerei aufbauen.
Die Namen in dieser Fallstudie sind frei erfunden und dienen lediglich der Dekoration. Ähnlichkeiten mit existierenden oder fiktiven Personen sind allerdings beabsichtigt.
05.06.2022
Die digitale Imkerei „Arnolds Bienen 4.0“
Das Team
Zunächst besteht das Team aus Arnold und seiner Frau Sonja. Arnold kümmert sich um die Bienen und die Bienenprodukte, Sonja übernimmt die telefonische Anfragen der Kunden und unterstützt beim Papierkram, z. B. Meldung der Völker bei der Tierseuchenkasse und Kommunikation mit dem Veterinäramt bezüglich der Wanderbescheinigungen. Sonja mag im Übrigen lieber Katzen als Bienen.
Die IT-Landschaft für Arnolds digitale Imkerei heute
Arnold Schwarzhand hat sich über Bienen-Projekte der Hochschule Niederrhein informiert. Die einfache, an der Hochschule entwickelte Digitaltechnik setzt er schon ein, allerdings mit kleinen Änderungen.
Die Fritzbox (Arnolds Internet-Router) ist über DSL an das Internet angeschlossen. Der Internet-Provider ist das Unternehmen 1und1.
An der Fritzbox sind noch weitere Geräte über kabelgebundenes LAN im Hause der Schwarzhands angeschlossen:
- Zwei Notebooks für die Büroarbeiten und zum Internet-surfen,
- ein Laserdrucker ,
- ein elektronisch über das Internet überwachter Humidor (siehe Glossar weiter unten) basierend auf einem Raspberry Pi. Der Humidor hält die Zigarren für die Tabakgarage frisch.
Arnold Schwarzhand nutzt intensiv sein Smartphone, sowohl über WLAN der Friitzbox als auch über Mobilfunk. Meist verwendet er den Browser, spezielle Apps verwendet er nicht. Mit dem Smartphone schaut er sich die Temperatur-Daten aus seinem digitalen Bienenstock an.
Auf den Notebooks verwenden die Schwarzhands das Programm Word für den Schriftverkehr und Excel für alle Berechnungen. Für Mails verwenden die Schwarzhands das von 1und1 angebotene Web-Interface für den Mailserver, also nur den Browser.
Neben 1und1 als Internet-Zugangsprovider hat Arnold Schwarzhand auch noch einen Vertrag mit dem Unternehmen Strato als Content-Provider. Bei Strato betreibt Arnold einen Webserver, auf dem die Daten aus dem Bienenstock landen.
Auf dem Webserver bei Strato hat Arnold eine einfache Internetseite mit der Programmiersprache PHP erstellt. Die selbstgebaute Internetseite zeigt Arnold die aktuelle Temperatur im Bienenstock. Das zeigt er gerne seinen Imkerfreunden, mit denen er sich einmal im Monat auf dem Stammtisch trifft und über Digitalisierung der Bienenhaltung fachsimpelt.
Digitaltechnik im Bienenstock heute
Noch stehen die Bienenstöcke auf dem Garagendach. Da stören sie nicht, und sie haben dort WLAN-Empfang.
Die digitale Technik im Bienenstock hat Arnold für seine digitale Imkerei wie folgt aufgebaut: Er verwendet nicht, wie im Hochschulprojekt, einen Linux-Rechner Raspberry Pi für die Temperaturmessungen, sondern einen einfacheren Microcontroller Raspberry Pico W, der WLAN-fähig ist
Den Pico hat Arnold mit der Thonny-IDE und Micro-Python programmiert. Am Pico sind drei digitale Temperatursensoren (DSB18B20) angeschlossen, in jedem der drei Bienenstöcke ist einer eingebracht.
Auf dem Garagendach nutzt Arnold das WLAN. Alle Fünf Minuten misst der Pico die Temperaturen in den Bienenstöcken und überträgt die Daten über WLAN und die Fritzbox an den Webserver.
Letztendlich landen die Daten dann in einer kleinen Datenbank (mit Namen Bienentemp.db) auf dem Webserver. Eine in PHP programmierte Internetseite mit Namen „Bienentemperatur.php“ liest die Temperaturdaten dann aus der Datenbank aus und zeigt sie über das Internet an. Zunächst fand Arnold dieses Vorgehen kompliziert. Es hat aber den Vorteil, dass die Temperatursensoren wenig Strom brauchen und er so vor allem keinen Zugang von außen in sein WLAN zulassen muss, um an die Daten zu kommen (Konzept des „Hohlen Baumstamms“).
Die Zukunft – LoRa und NB-IoT
LoRa
Die Vorraussetzungen sind gut. Arnold hat schon vor ein paar Wochen ein LoRaWAN-Gateway eingerichtet. Das LoRaWAN Gateway kommuniziert mit dem TTN (The Things Network) über die heimische Fritzbox (als Router) und über WLAN. Damit möchte Arnold zukünftig die Bienenstöcke, die er bei seinem Bekannten Martin Malzkanne im Schrebergarten etwa 3 km entfernt aufstellen darf, ans Internet anbinden.
NB-IoT
Der LoRaWAN Ausbau verläuft nicht so rasant, wie Imkerkollegen von Arnold noch vor zwei Jahren geglaubt haben. Daher möchte Arnold zukünftig auch mit Angeboten der Mobilfunkbetreiber zu NB-IoT (Near Band – Internet of Things) experimentieren. Er kennt die Angebote von Telefonica und der Telekom-Tochter 1nce, sucht aber noch nach Menschen, die ihm das Ganze einmal richtig erklären. Er hat bereits im Internet recherchiert und Tutorials mit dem Raspberry Pi und dem Mobilfunkmodem SIM800L gefunden.
Bienenhaltung
Imkern lernen
Arnold hat sich schnell in die Bienenhaltung eingearbeitet – geholfen hat ihm vor allem der Imkerpate des örtlichen Imkervereins. Arnold hat auch ein paar Imker-Apps für die Verwaltung seiner Bienen ausprobiert, insbesondere die Stockkarten-App des Deutschen Imkerbundes. So richtig zufrieden ist Arnold mit den Prozessen, wie sie in den Apps implementiert sind, nicht. Also hat er sich einen eigenen Prozess für die Dokumentation ausgedacht, der nur zum Schluss digitale Komponenten (Excel) benötigt: notiert er Beobachtungen am Bienenstock und seine notwendigen Arbeiten an den Bienen in ein Schulheft und überträgt abends die Erkenntnisse in Excel. Damit geht er sorgfältig um, da jeder Bienenhalter gesetzlich zur Dokumentation verpflichtet ist.
Ablauf der Dokumentation
Der Dokumentationsprozess, also der Ablauf, wie Arnold seine Dokumentation durchführt, ist immer gleich. Arnold macht sich für die Dokumentation Notizen in ein einfaches Schulheft. Die Notizen überträgt er ganz zum Schluss in Excel. So läuft die Dokumentation ab:
Am Wochenende findet Arnold Zeit für seine Bienen und macht eine Durchsicht. Noch bevor er auf das Garagendach klettert, kontrolliert er mit dem Smartphone und seiner Internetseite die Temperatur im Bienenstock. Ist eine Temperatur auffällig , stellt er sich darauf ein, dass er den Bienenstock öffnen und in die Beute hineinschauen muss.
Sind alle Temperaturen im Bienen-Wohfühlbereich zwischen 25°C und 35°C, braucht Arnold nicht in die Bienen hineinzuschauen und der Prozess ist – bis auf die Übertragung in Excel – zu Ende.
Andernfalls:
Sind die Temperaturen ungewöhnlich hoch oder ungewöhnlich niedrig, führt Arnold eine Kontrolle durch. Auf dem Garagendach beobachtet er zunächst das Flugloch von außen und schaut den Bienen beim Ein- und Ausfliegen zu. Das ist sehr entspannend. Arnold notiert sich, wie der Bienenflug ist.
Arnold schaut nun in den Bienenstock hinein und kontrolliert einige Bienenwaben. Er geht dabei im Detail wie wie folgt vor: Er gibt mit seinem Smoker etwas Rauch (dann saugen sich die Bienen voll Honig und sind beim Öffnen weniger unruhig), öffnet den Deckel, zieht testweise drei Rähmchen mit Waben und kontrolliert sie auf neue Eier (Imker nennen die Eier „Stifte“) und auf Bienen-Brut, sprich kleine Larven. Sieht alles gut aus, schließt Arnold den Bienenstock wieder und notiert das. Komm Arnold etwas seltsam vor, ruft er seinen Imkerpaten an und bittet ihn um Hilfe bei der Durchsicht. Arnold macht sich Notizen dazu in sein Schulheft.
Nach der Aktion bei den Bienen überträgt Arnold die Notizen in eine Excel-Tabelle mit Namen „Durchsicht.xls“.
Damit ist der Dokumentationsprozess zu Ende.
Besondere Aktivitäten, die selten vorkommen
Klopfprobe
Die Klopfprobe ist selten, Arnold dokumentiert das nicht: Wenn bei schönem Wetter ein Bienenvolk nicht fliegt, macht er eine sogenannte Klopfprobe. Mit dem Knöchel klopft er einmal die Beute. Brausen die Bienen kurz auf und beruhigen sich in einer Sekunde wieder, ist vermutlich alles in Ordnung. Bleiben sie viele Minuten unruhig oder hört Arnold gar nichts, ist etwas nicht in Ordnung und er muss in die Beute hineinschauen.
Varroabehandlung
Zweimal im Jahr (etwa Mitte Juli und Ende November) muss Arnold seine Bienen gegen Varroa behandeln. Das macht er zur Zeit noch mit seinem Imkerpaten zusammen. In sein Schulheft trägt er das Datum der Behandlung und das Arzneimittel, mit dem er behandelt hat, ein. Die Daten zu einer Varroa-Behandlung trägt er in eine Excel-Tabelle mit Namen „Bestandsbuch“ ein.
Temperaturüberwachung
Die selbstgebaute Internetseite für die Temperaturen ist ganz einfach. Sie zeigt an: Das Datum und die Urzeit, die Bezeichnungen der drei Völker (Arnold gibt den Bienenvölkern die Namen nordischer Gottheiten) und für jedes Volk die aktuelle Temperatur und die Temperatur von gestern zur gleichen Uhrzeit. Weiterhin gibt es eine „Drucken“-Funktion, so dass Arnold die Daten nicht abschreiben muss.
Fußnoten zur „Arnolds digitale Imkerei“
(1) Die Geschichte ist nur halb erfunden.Die Bienen-Digitalisierungs-Projekte gibt es tatsächlich. Die handelnden Personen hier sind fiktiv, Sie finden ähnliche Personentypen im Film und in Marvel-Comics.
Service für Dozierende und Studierende – die digitale Imkerei als Prüfungsthema
Vorbemerkung
In den Modulen BBS203 Methoden der Wirtschaftsinformatik, BCSM104 Qualitative Methoden der WI und Geschäftsprozesse und BWI201 Qualitative und Quantitative Methoden der Wirtschaftsinformatik wird die Fallstudie ganz oder in Teilen in Prüfungen eingesetzt. Als Prüfungsleistung ist eine Hausarbeit – alternativ eine Klausur – anzufertigen, in der die gängigen Modellierungsmethoden gezeigt und Inhaltsfragen beantwortet werden.
Die Fragestellungen, die in einer Hausarbeit relevant werden können seien hier skizziert. Studenten mögen sie als Vorbereitung auf die Prüfung dienen, Dozenten finden hier vielleicht Ideen für eigene Prüfungsformate (Wiederverwenden erlaubt).
Fragestellungen in Klausur oder Hausarbeit
Mögliche Aufgabenstellung für die Fallstudie
Sie wenden einen Teil der gelernten Modellierungsmethoden nach UML (Mockup, Use Case Diagramm) und nach ARIS (Topologie, Prozessmodell mit eEPK, Datenmodell mit Relationenmodell) an. Zeichnen Sie die Modelle (nicht jede Prüfung adressiert alle Modelle) mit der Hand, fotografieren Sie sie mit dem Smartphone ab, binden Sie die Bilder in diesen Dokumentenrohling an entsprechender Stelle ein.
Für Fragen zu Gamification verwenden Sie das Modell von Bartle. Für Fragen zu motovationalen Aspeken beziehen Sie sich auf die Selbstbestimmungstheorie, die Theorie der erlernten Motivation und/oder der Zwei-Faktoren-Theorie. Ggf. ist eine Argumentation mit dem Flow-Konzept sinnvoll. Erzeugen Sie aus dem Word Dokument ein PDF und laden sie es dann hoch.
Folgende Visualisierungen zur Anforderungsanalyse und zur Modellierung können zum Einsatz kommen (optional, nicht alle werden in der Prüfung adressiert):
1 Mockup
Überlegen Sie, wie ein Mockup zu der Internet-Anwendung der Temperaturkontrolle aussehen könnte. Zeichnen Sie ein Mockup und binden Sie es hier ein. Ggf. wollen Sie mehrere Bilder hier einbinden. Es sollte alles auf eine Seite passen.
<ersetzen Sie das hier durch Ihr Bild / Ihre Bilder>
Abb. 1: Mockup für die Temperaturüberwachung
2 Use Case Diagramm
Was kann Arnold mit der Internet-Anwendung für die Temperaturüberwachung tun? Zeichnen Sie ein Use Case Diagramm dafür und binden Sie es hier ein.
<ersetzen Sie das Rote hier durch Ihr Bild / Ihre Bilder>
Abb. 2: Use Case Diagramm für die Temperaturüberwachung
3 Topologie
Die Topologie soll einen Gesamtüberblick über die komplette IT-Landschaft der Schwarzhands liefern – inkl. der Temperaturüberwachung, das ist hier der Schwerpunkt. Zeichen Sie die Topologie und binden Sie sie hier ein.
<ersetzen Sie das Rote hier durch Ihr Bild / Ihre Bilder>
Abb. 2: Topologie für die technische Struktur
(Nachlesen zur Topologie)
4 Prozessmodell
Überlegen Sie, wie die Kontrolle der Bienen aus Sicht von Arnold aussehen kann. Stellen Sie den Prozess mit einem eEPK dar. Vermeiden Sie „Schleifen“ und fassen Sie ggf. Funktionen zusammen, so dass sich ein einfacher Ablauf auf einer Seite ergibt.
<ersetzen Sie das Rote hier durch Ihr Bild >
Abb. 4: Prozessmodell für die Durchsicht der Bienenvölker
5 Datenmodell
Geben Sie das Relationenmodel nach Codd für die Datenspeicherung der Temperaturen der Schreibweise von Codd an. Dazu müssen Sie kein Bild malen sondern können einfach hineinschreiben. Tipp: Einfache richtige Lösungen werden besser beurteilt als komplizierte richtige Lösungen.
<ersetzen Sie das Rote hier durch Ihre handschriftliche Notiz. Sie dürfen hier auch alternativ einfach in Word hinein schreiben >
Abb. 5: Coddsches Relationenmodell für den online-Zigarrenverkauf.
6 Gamification-Analyse
Mit Wachs und Propolis wird Arnold nicht reich. Trotzdem beginnt er mit der zeitintensiven Imkerei. Warum tut er das? Versuchen Sie, aus der Fallstudie herauszubekommen, was für ein Motivationstyp und was für ein Spielertyp Arnold ist. Schreiben Sie eine kurze Begründung, wie Sie zu Ihrer Einschätzung gelangt sind.
7 Analyse zur Informationssicherheit
Arnold hat bereits mögliche Risiken für sein Heimnetz qualitativ identifiziert und Maßnahmen ergriffen. Angenommen, Arnold hätte die Temperaturüberwachung anders realisiert (Auf dem Raspberry Pico läuft ein Webserver, Arnold gibt Ports auf der Fritzbox frei, so dass er von Außen mit dem Smartphone auf den Pico zugreifen und die Temperaturdaten auslesen kann…), welche Risiken könnten bestehen und wie hoch würden Sie quantitativ das Risiko einschätzen? (Nachlesen zum Informationssicherheitsmanagement)
Quellen
Das Forschungs-Projekt zur Digitalisierung der Bienenhaltung: http://bieneviernull.de
Topologie mit LoRa – Schritt-für-Schritt-Beispiel
Videos (auf youtube)
Digitalisierung mit Methoden der Wirtschaftsinformatik (22 Min.)
Erklär Video zum Poster Biene40 Entwicklung Sensoren für vitalere Bienen (12 Min.)
Glossar
Humidor
Ein Humidor ist ein Schrank der mit ein wenig Elektronik die Luftfeuchtigkeit für die eingelagerten Zigarren konstant hält. Der Schrank ist innen aus spanischem Zedernholz, das folgende drei Eigenschaften hat:
- Schutz vor Tabakwürmern durch die besonderen Duftstoffe des Holzes,
- hohe Speicherfähigkeit von Feuchtigkeit – dies gewährleistet ein gleichmäßigeres Klima im Humidor,
- und eine positive Wirkung auf das Aroma der Zigarren.