Zwei Faktoren Theorie nach Herzberg

Grafik Zwei Faktoren Theorie nach Herzberg

Die Zwei Faktoren Theorie enthält den zunächst verblüffenden Schluss, dass Unzufriedenheit nicht das Gegenteil von Zufriedenheit ist. Nach Herzberg gibt es zwei Dimensionen, die das Empfinden von (Arbeits-) Situationen bestimmen: Motivatoren und Hygienefaktoren. Die Theorie ist aus empirischen Beobachtungen abgeleitet. Beim Einsatz von Gamification von Unternehmen sollte auch darauf geachtet werden, dass die ausgewählten Game–Design-Element nicht die Hygienefaktoren untergraben, z.B. Einzelrankings für nicht wettbewerbsorientierte Belegschaften.

aktualisiert: 30.09.2023

Befunde der Zwei Faktoren Theorie

Herzberg befragten Berufstätige in Interviews wie sie angenehme und unangenehme Arbeitssituationen empfanden. Er fand Zwei Faktoren der Motivation: Sogenannte Motivatoren und sogenannte Hygienefaktoren

Motivatoren 

Situationen, in denen die Befragten eine hohe Arbeitszufriedenheit empfanden, wurden im Zusammenhang mit Faktoren genannt, die unmittelbar in Bezug zur Aufgabe standen. Die Befragten berichteten von Ereignissen, welche ihren Arbeitserfolg darlegten und ihnen die Möglichkeit zum persönlichen Wachstum boten. Herzberg et al. bezeichnen diese Faktoren als Motivatoren. Motivatoren  führen zu Arbeitszufriedenheit. Ein Ausbleiben / Nichtvorhandensein der Motivatoren führt zwar nicht zu Unzufriedenheit, jedoch sind die Mitarbeiter auch nicht zufrieden. Motivatoren sind bspw. ein Erfolgserlebnis, Anerkennung und Verantwortungsgefühl.  Bekommt der Mitarbeiter z. B. Anerkennung von seinen Kollegen, kann dies seine Arbeitszufriedenheit steigern. Eine ausbleibende Anerkennung macht den Mitarbeiter zwar nicht zufrieden, aber auch nicht unzufrieden.

Auf einen Blick:

Zu den Motivationsfaktoren gehören:

  • Leistung: Die Möglichkeit, herausfordernde Aufgaben erfolgreich zu bewältigen und persönliche Leistung zu erzielen.
  • Anerkennung: Die Wertschätzung und Anerkennung der Arbeit durch Vorgesetzte und Kollegen.
  • Verantwortung: Die Möglichkeit, Entscheidungen zu treffen und Verantwortung für Projekte und Aufgaben zu übernehmen.
  • Aufstiegschancen: Die Aussicht auf berufliche Weiterentwicklung und Karriereentwicklung.
  • Arbeit selbst: Die Natur der Arbeit selbst, wenn sie als interessant, sinnvoll und erfüllend empfunden wird.

Hygienefaktoren

In Situationen mit einer geringen Arbeitszufriedenheit nannten die Befragten Faktoren, die nicht unmittelbar in Bezug zur Aufgabe standen,  vielmehr wurden die organisationalen Rahmenbedingungen  hervorgehoben. Ereignisse, bei denen die Befragten das Arbeitsumfeld als unfair oder unorganisiert empfanden, wurden als von ihnen als Auslöser für Demotivation  gesehen. Die Faktoren, die zu so einer Situation beitragen, nennt Herzberg  Hygienefaktoren. Sind die Hygienefaktoren erfüllt, führt dies weder zu Unzufriedenheit noch zu Zufriedenheit. Werden die Hygienefaktoren nicht erfüllt, ist der Mitarbeiter unzufrieden. Zu den Hygienefaktoren zählen unter anderem die (gute und mitarbeiterwertschätzende) Unternehmenspolitik, die persönliche Beziehung zum Vorgesetzten und die (angenehmen) Arbeitsbedingungen. Ein schönes Büro verursacht z. B. keine Unzufriedenheit , jedoch steigt die Arbeitszufriedenheit auch nicht. Allerdings kann ein ungemütliches Büro zu Unzufriedenheit führen.

Infolgedessen ist „(d)as Gegenteil von Unzufriedenheit (..) nicht Zufriedenheit, sondern die Abwesenheit von Unzufriedenheit, entsprechend ist das Gegenteil von Zufriedenheit (..) nicht Unzufriedenheit, sondern die Abwesenheit von Zufriedenheit“ (Herzberg et. al , 195).

Was Hygienefaktoren sind, entscheidet jede Person für sich selbst ggf. anders  Was früher für eine Person) einmal ein Motivator war, kann nach einiger Zeit zu einer Selbstverständlichkeit werden und wird damit zu einem Hygienefaktor.

Herzbergs Theorie begründet gut, warum Geld und ein hohes Gehalt alleine nicht motiviert. Ein Ausbleiben von Geld sorgt bei Menschen nur zu Unzufriedenheit. Dennoch motiviert ein hohes Gehalt allein viele Menschen nicht. Motiviert geht eine Person ihrer Arbeit nur nach, wenn sie persönlich durch diese „nach vorn gebracht“ wird.

Auf einen Blick:
Zu den Hygienefaktoren gehören:

  • Arbeitsbedingungen: Die physische Umgebung am Arbeitsplatz, Sicherheit, Sauberkeit und Komfort.
  • Bezahlung: Das Gehalt und die finanziellen Belohnungen, die ein Mitarbeiter für seine Arbeit erhält.
  • Unternehmenspolitik: Die Regeln, Vorschriften und Verwaltungspraktiken, die in einem Unternehmen existieren.
  • Qualität der zwischenmenschlichen Beziehungen: Die Beziehungen zu Vorgesetzten, Kollegen und Untergebenen.
  • Status und Sicherheit im Job: Die Wahrnehmung der beruflichen Sicherheit und die soziale Position innerhalb der Organisation.

Kritische Betrachtung

Zufriedenheit und Unzufriedenheit sind keine wissenschaftlich direkt messbaren Begriffe. Es ist eher subjektiv, was ein Individuum motivierend findet und was es als Grundvoraussetzung für das Leben, daher ist eine Abgrenzung zwischen den Faktoren schwierig.

Ein Beispiel: Mehr (Führungs-)Verantwortung kann den einen motivieren und bei einem anderen für Überforderung und Stress sorgen.

Die Erkenntnisse wurden von Herzberg in wissenschaftlicher Hinsicht nur unzureichend gewonnen. Grundlage für seine Theorie stellten Fragebögen, die zuvor an Unternehmen verteilt wurden, dar. Andere Psychologen, welche versuchten, die Annahmen mit wissenschaftlichen Methoden zu überprüfen (Replikationsstudien), haben den Effekt nicht nachweisen können und sie erhielten aus ihren Umfragen keine verwertbaren Zahlen. Das hat die Theorie mit der Bedürfnishierarchie vom Maslow gemein.

Zudem ist fraglich, ob man Zufriedenheit und Motivation komplett gleichsetzen kann. Jedoch: Eine der Haupterkenntnisse, welche auch in anderen Modellen ebenfalls Anwendung finden, ist, das Geld allein nicht motiviert.

Alternative Erklärungsansätze

Alternative Theorien und Ansätze zur Erklärung der Arbeitsmotivation und Arbeitszufriedenheit, die neben der Zwei-Faktoren-Theorie von Herzberg existieren, sind z.B.:

  1. Maslows Bedürfnishierarchie:
    • Abraham Maslow entwickelte die Bedürfnishierarchie, die davon ausgeht, dass individuelle Bedürfnisse in einer bestimmten Reihenfolge befriedigt werden müssen. Diese Hierarchie umfasst physiologische Bedürfnisse, Sicherheitsbedürfnisse, soziale Bedürfnisse, Anerkennungsbedürfnisse und Selbstverwirklichungsbedürfnisse. Arbeitnehmer werden motiviert, wenn ihre aktuellen Bedürfnisse in der Hierarchie erfüllt sind.
  2. Theorie X und Theorie Y (X-Y-Theorie):
    • Douglas McGregor entwickelte diese Theorien, um zwei unterschiedliche Sichtweisen auf die Motivation von Mitarbeitern darzustellen. Theorie X geht davon aus, dass Mitarbeiter von Natur aus faul und unwillig zur Arbeit sind, während Theorie Y davon ausgeht, dass Mitarbeiter von Natur aus motiviert sind und gerne Verantwortung übernehmen. Die Führung und das Management können die Arbeitsmotivation beeinflussen, je nachdem, welcher Theorie sie folgen.
  3. ERG-Theorie (Existenz, Beziehung, Wachstum):
    • Clayton Alderfer modifizierte Maslows Bedürfnishierarchie und schlug die ERG-Theorie vor. Sie besagt, dass es drei grundlegende Kategorien von Bedürfnissen gibt: Existenzbedürfnisse (physiologische und Sicherheitsbedürfnisse), Beziehungsbedürfnisse (soziale Bedürfnisse) und Wachstumsbedürfnisse (Anerkennung und Selbstverwirklichung). Im Gegensatz zu Maslows Hierarchie können Bedürfnisse in jeder Kategorie gleichzeitig auftreten.
  4. Selbstbestimmungstheorie (SDT):
    • Die Selbstbestimmungstheorie von Edward Deci und Richard Ryan betont die Bedeutung der Autonomie, Kompetenz und verwandterness (soziale Verbundenheit) bei der Motivation. Sie argumentiert, dass Menschen am motiviertesten sind, wenn sie die Kontrolle über ihre Handlungen haben, sich in ihrer Arbeit kompetent fühlen und soziale Unterstützung erhalten.
  5. Equity-Theorie:
    • Die Equity-Theorie von J. Stacy Adams geht davon aus, dass Mitarbeiter ihre eigene Arbeitsmotivation und -zufriedenheit anhand eines Vergleichs zwischen ihrer eigenen Input-Output-Bilanz und der ihrer Kollegen beurteilen. Ungleichheit in dieser Bilanz kann zu Unzufriedenheit führen, während Fairness und Gerechtigkeit die Motivation steigern.
  6. Anreiztheorie:
    • Die Anreiztheorie postuliert, dass Menschen von Belohnungen und Anreizen motiviert werden. Diese Theorie berücksichtigt externe Faktoren wie finanzielle Anreize, Beförderungen und andere materielle oder immaterielle Belohnungen.

Anhang

Quellen zur Zwei Faktoren Theorie

Herzberg, F./Mausner, B./Snyderman, B.-B. (1993): The Motivation to Work, New York 1993.

Kritische Anmerkungen zur Theorie (externer Link): https://wpgs.de/fachtexte/motivation/herzbergs-zwei-faktoren-theorie-der-motivation-hygienefaktoren-und-motivatoren/

Weitere Motivationstheorien sind

Theorie der erlernten Motivation nach McClelland

Selbstbestimmungstheorie der Motivation nach Deci und Ryan

Glossar

Motivation

Im Arbeitskontext bezieht sich Motivation auf den inneren Antrieb und die Energie, die Menschen dazu bringt, bestimmte Verhaltensweisen am Arbeitsplatz zu zeigen oder sich dort zu engagieren. Arbeitsmotivation ist von entscheidender Bedeutung, da sie beeinflusst, wie Mitarbeitende ihre Aufgaben erfüllen, ihre Arbeitsleistung verbessern und ihre Ziele erreichen. Sie kann als der Wunsch oder das Verlangen gesehen werden, bestimmte Ziele zu erreichen oder bestimmte Handlungen auszuführen.

Im Kontext der Arbeitspsychologie und Organisationsforschung gibt es verschiedene Aspekte, die versuchen, die Quellen und Determinanten der Arbeitsmotivation zu erklären:

  1. Intrinsische Motivation: Dies bezieht sich auf die Motivation, die von inneren Faktoren, wie persönlichem Interesse, Neugier oder Freude an der Arbeit selbst, getrieben wird. Mitarbeiter, die intrinsisch motiviert sind, finden Befriedigung in der Ausführung ihrer Aufgaben und benötigen möglicherweise keine externen Anreize.
  2. Extrinsische Motivation: Extrinsische Motivation basiert auf äußeren Anreizen oder Belohnungen wie Gehaltserhöhungen, Beförderungen, Anerkennung oder Boni. Diese Anreize können dazu beitragen, das Verhalten von Mitarbeitern zu steuern und zu verstärken, wenn sie als fair und angemessen wahrgenommen werden.
  3. Selbstbestimmung: Die Selbstbestimmungstheorie argumentiert, dass Menschen motivierter sind, wenn sie die Kontrolle über ihre Handlungen und Entscheidungen haben. Autonomie, also die Fähigkeit, selbst zu bestimmen, wie Aufgaben erledigt werden, kann die Motivation steigern.
  4. Bedürfnisbefriedigung: Theorien wie Maslows Bedürfnishierarchie und die ERG-Theorie betonen die Bedeutung der Befriedigung von Grundbedürfnissen wie Sicherheit, sozialer Zugehörigkeit, Anerkennung und Selbstverwirklichung. Wenn diese Bedürfnisse erfüllt sind, steigt die Motivation.
  5. Ziele und Zielsetzung: Die Festlegung klarer und herausfordernder Ziele kann die Motivation steigern, insbesondere wenn Mitarbeiter an der Zielsetzung beteiligt sind und einen klaren Zusammenhang zwischen ihren Handlungen und der Zielerreichung erkennen können.
  6. Feedback und Anerkennung: Die regelmäßige Rückmeldung über die Leistung sowie Anerkennung und Lob für gute Arbeit sind wichtige Faktoren, die die Arbeitsmotivation fördern können.
  7. Arbeitsumgebung und Unternehmenskultur: Eine positive und unterstützende Arbeitsumgebung sowie eine Unternehmenskultur, die Wertschätzung, Teamarbeit und persönliches Wachstum fördert, können die Motivation erheblich beeinflussen.

Eine motivierte Belegschaft kann zu höherer Arbeitsleistung, besserer Arbeitsqualität und einem insgesamt positiveren Arbeitsumfeld beitragen.

 

Autor und Lizenz

Teile diesen Beitrag.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert