Theorie der erlernten Motive von McClelland

Theorie der erlernten Motivation von McClelland - Visualisierung

Die Theorie der erlernten Motive nach McClelland (1988) ist empirisch gut belegt und eignet sich – in Verbindung mit den Spielertypen nach Bartle (1974) – für die Analyse im Vorfeld der Konzeption von Gamification insbesondere in betriebswirtschaftlichen Kontext.

23.02.2023

Die Theorie der erlernten Motive

McClelland geht nach seinen Untersuchungen davon aus, dass menschliche Bedürfnisse weniger angeboren sind, sondern im Laufe des Lebens „erlernt“ werden. Drei Bedürfnisse und der Wunsch nach ihrer Befriedigung erklären nach McClelland, was Menschen motiviert:

  • Leistungsstreben (engl. need for achievement)
  • Streben nach Macht (engl. need for power)
  • Streben nach Zugehörigkeit (engl. need for affiliation)

Im Gegensatz zur Bedürfnishierarchie von Maslow (1943), die ein für alle Menschen gleiches Schema zur Kategorisierung von Motivationseinflüssen beschreibt, berücksichtigt die Theorie der erlernten Motivation insbesondere die Unterschiede in der Motivationsstruktur von Menschen. McLelland leitet diese Unterschiede aus empirischen Untersuchungen ab, während Maslows Theorie umstritten ist und lediglich auf der Beobachtung von 100 kranken Menschen beruht.

Demnach haben einige vor allem ein Streben nach Leistung, während bei anderen das Bedürfnis nach Erleben von Macht stärker ausgeprägt ist. Dagegen kann das Bedürfnis nach Zugehörigkeit weniger ausgeprägt sein.

Die Theorie von McClelland steht nicht isoliert im Raum, sondern es können durchaus Überschneidungen z.B. mit der Selbstbestimmungstheorie der Motivation (Deci & Ryan 2000) und anderen gesehen werden.

McClelland unterscheidet zwischen dem Motiv und der Motivation. Ein Motiv ist eine (recht stabile) Disposition eines Menschen. Motivation kann daraus entstehen, bedarf aber einer Anregung und gilt dann zu einem bestimmten Zeitpunkt und an einem bestimmten Ort.

Leistungsstreben

Leistungsstreben heißt, dass ein Mensch gerne eine eigenerbrachte „hohe Leistung abliefern“ möchte. Erfolg haben ist für sie wichtig, Misserfolg zu haben gilt es zu vermeiden. Anforderungen wollen sie gern gerecht werden. Dabei möchte sie sich als kompetent erfahren. Feedback zu den Leistungen (zumindest ein faires Feedback, noch besser ein gutes) ist ihnen wichtig. Personen mit einem hohen Leistungsmotiv bevorzugen Situationen, in denen sie sich verbessern können. Das trifft für Aufgaben zu, die weder zu einfach oder zu schwer sind. Außerdem bevorzugen sie Tätigkeiten, in welchen sie selber Verantwortung für das Ergebnis der Arbeit tragen.(vgl. McClelland 1987, S. 595).

Durch ein hohes Leistungsstreben sind vermutlich folgende Menschengruppen gekennzeichnet: Engagierte Angestellte ohne Führungsambitionen,  Programmierer, Künstler, auch Unternehmer.

Streben nach Macht

Machtstreben heißt, dass ein Mensch gerne Entscheidungen trifft insbesondere darüber, was andere Menschen tun oder lassen sollen. Einfluss auf das Verhalten anderer ist wichtig. Auch die Möglichkeit, Kontrolle über andere ausüben zu können, gehört dazu. Personen mit einem hohen Machtmotiv haben gerne ein Gefühl von physischer oder psychischer Stärke. Sie mögen Tätigkeiten, die einen Wettbewerbsgedanken beinhalten. In diesen können sie sich durchsetzen und ihrem Streben nach Prestige und Respekt nachkommen.

Durch ein hohes Machtstreben sind vermutlich folgende Menschengruppen gekennzeichnet: Manager, auch Unternehmer. Ein Manager hat typischerweise ein ausgeprägtes Machtstreben. Ein hohes Leistungssterben wäre für einen Manager eher kontraproduktiv, da er sonst Rückdelegation zulassen würde, anstatt sich auf Führungsaufgaben zu konzentrieren. Etwas Zugehörigkeitsstreben ist (inkl. Empathie) ist auch für einen Manager hilfreich, zuviel wäre wäre jedoch kontraproduktiv, insbesondere z.B. bei einer notwendigen Sanierung eines Unternehmens.

Machtstreben bezieht sich nicht auf Gegenstände, sondern fokussiert auf Menschen.

Streben nach Zugehörigkeit

Zugehörigkeitsstreben heißt, dass dem Kontakt und der Interaktion mit andern Menschen „auf Augenhöhe“ eine besondere Bedeutung zukommt. Menschen mit diesem Bedürfnis setzen sich für den Zusammenhalt in Teams ein und haben auch die Bedürfnisse von Kollegen und Mitmenschen im Auge. Manchmal stellen sie andere Bedürfnisse über ihre eigenen. Sie wollen Nähe erfahren und sind deswegen am Schaffen und Aufrechterhalten von zwischenmenschlichen Beziehungen interessiert.

Durch ein hohes Zugehörigkeitsstreben sind vermutlich folgende Menschengruppen gekennzeichnet: Grundschullehrer, Menschen in Heilberufen (außer Ärzte), Menschen in Vereinen (außer 1. Vorsitzender), Menschen, die gerne Teamevents im Unternehmen unterstützen, Menschen in gemeinnützigen Organisationen (außer Leitungsebene).

Anwendung der Theorie der erlernten Motivation

Eine starke Ausprägung in einer der drei Kategorien ist a priori weder gut noch schlecht. In Unternehmen und Projekten werden i.d.R. alle drei Komponenten benötigt. Wenn es z.B. darum geht, im Unternehmen die Rahmenbedingungen für die Motivation zu erhöhen, ist jedoch wichtig zu wissen, welchem Motivationstyp jeder Einzelne zugehört. Ein Mensch mit geringem Streben nach Macht wird sich nicht anstrengen, wenn ihm lediglich eine Führungsrolle in Aussicht gestellt wird. Ein Mensch mit ausgeprägtem Machtstreben wird seine Fähigkeiten in einer hierarchiefreien Umgebung, die keine Statussymbole zulässt, nicht adäquat einbringen können. Ein Mensch mit hohem Leistungsstreben wird sich nicht lange in trivialen Aufgabenbereichen wohlfühlen. Ein Mensch, dem Zugehörigkeit wichtig ist, wird ein harmonisches Kollegium langfristig über ein höheres Einkommen stellen.

In Situationen, in denen im Unternehmen „aufgeräumt“ werden muss, eine grundlegende Sanierung erforderlich ist und unumgänglich unangenehme Entscheidungen zu treffen sind, wer das Unternehmen verlässt und wer (und wie viele) bleiben darf, sind als Führungskräfte Menschen mit einer hohen Ausprägung des Strebens nach Macht fast unerlässlich.  Eine hohe Ausprägung der Bedürfnisses nach Zugehörigkeit kann in diesem Falle sogar schädlich für das Unternehmen (und die Arbeitsplätze der verbliebenen Mitarbeitenden) sein.

Quellen zur erlernten Motivation

  1. Bartle, Richard (1996). Hearts, Clups, Diamonds, Spades: Players Who suit MUDs.
  2. Deci, Edward. L. & Ryan, Richard. M. (2000): The „What“ and „Why“ of Goal Pursuits: Human Needs and the Self-Determination of Behavior. In: Psychological Inquiry 11(4), 227–268.
  3. Maslow, Abraham (1943): A Theory of Human Motivation. In Psychological Review, Vol. 50 Nr. 4, P. 370–396
  4. McClelland, David Clarence. (1988): Human motivation. Cambridge University Press
  5. Artikel zu Gamification: https://www.researchgate.net/publication/330727906_Gamification_-_besser_motivieren_zur_Partizipation_an_der_digitalen_Lehre

Weitere Motivationstheorien sind

Zwei Faktoren Theorie nach Herzberg

Selbstbestimmungstheorie der Motivation nach Deci und Ryan

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