Ein Geschäftsprozess ist wesentlich für den Unternehmenserfolg. eEPK (erweiterte Ereignisgesteuerte Prozessketten) sind besonders geeignet, um einen Geschäftsprozess modellhaft zu visualisieren.
„Geschäftsprozess modellieren mit eEPK“ ist Teil der Artikelserie „Methoden der Wirtschaftsinformatik von Null auf Hundert“
Einen Überblick über alle Beiträge zu den Methoden finden Sie hier.
Was ist ein Geschäftsprozess?
Geschäftsprozess transformiert Input zu Output
Ein Geschäftsprozess ist ein Ablauf von betrieblichen Funktionen, der zu einem vom Unternehmen gewünschten Ergebnis führt. Dieses Ergebnis wird oft Umsatz in irgend einer Form sein. Ein Unternehmen hat in der Regel mehrere Geschäftsprozesse. Ein Geschäftsprozess wird durch ein definiertes Ereignis ausgelöst und transformiert ‚Input‘ durch den Einsatz materieller und immaterieller Güter zu einem ‚Output‘.
Beispiel für einen Geschäftsprozess aus der Gastronomie
Ein Gast bestellt ein Gericht. Ein Kellner nimmt diese Bestellung auf und leitet diese Bestellung an die Küche weiter. Ein Koch bereitet die gewünschte Bestellung des Gastes zu und gibt das Gericht heraus. Ein Kellner bringt das Gericht zum Gast. Nach Verspeisen zahlt der Kunde die Rechnung, das Entgelt nimmt wiederum der Kellner entgegen.
Beispiel für einen Geschäftsprozess aus der Wirtschaftsinformatik-Fallstudie tabakgarage24.de
Ein Kunde ruft die Seite tabakgarage.de auf, klickt auf den Shop und sieht ein Formular. Das Formular hat ein Eingabefeld für die Kundendaten (Name, Adresse). Im Weiteren sind die drei Zigarrensorten mit den Nummern 01, 02, und 03 untereinander aufgeführt. Zu jeder Zigarrensorte gibt es ein Bild einer Zigarre. Rechts daneben ist ein Eingabefeld, in das ein Kunde die Anzahl der gewünschten Pakete eintragen kann.
Unten auf der Seite ist ein Absendebutton.
Drückt ein Kunde auf den Absendebutton, erscheint eine Seite mit den eingegebenen Kundendaten und mit einer Liste seiner Bestellung. Die kann eine Kunde nun bestätigen oder nicht. Dazu gibt es die Buttons „Abbrechen“ und „Verbindlich bestellen“. Bei Abbrechen wird wieder die Leitseite tabakgarage.de aufgerufen. Bei „Verbindlich bestellen“ werden die Daten in einer Zeile mit „;“ getrennt in die Datei bestellung.csv geschrieben und „Danke für Ihre Bestellung“ angezeigt.
Welche Möglichkeiten der Visualisierung und Modellierung für einen Geschäftsprozess gibt es?
Um Geschäftsprozesse nicht nur als „Bleiwüste“, sondern auch grafisch darzustellen, haben Kaufleute, Betriebswirte und Informatiker verschiedene Visualisierungsmethoden erfunden. Unternehmen stellen ihre Geschäftsprozesse dar u.a mit
- WKD (Wertschöpfungskettendiagramme)
- PAP (Flussdiagramme = Programmablaufpläne nach DIN 66001)
- UML Aktivitätsdiagramme
- eEPK (erweiterten Ereignisgesteuerten Prozessketten)
eEPK haben in Deutschland eine besondere Bedeutung, da sie für und parallel zum ERP-System des Unternehmens SAP von August Wilhelm Scheer entwickelt wurden. Wenn Sie für ein Unternehmen zunächst die Geschäftsprozesse in Form einer Prozesslandkarte identifizieren und visualisieren wollen, empfehlen sich hierfür WKD, die eher einen groben Überblick erlauben. Wenn Sie dann einzelne Prozesse detailliert beschreiben möchten, verwenden Sie eEPK. Folgende hierarchische Gliederung kann bei der Erstellung der Prozessbeschreibung für ein Unternehmen durchlaufen werden:
- Prozesslandkarte (WKD)
- Hauptprozesse (WKD)
- Teilprozesse (WKD)
- Detailprozesse (eEPK)
Was sind eEPK (erweiterte Ereignisgesteuerte Prozessketten)
EPK (Ereignisgesteuerte Prozessketten) Ereignisgesteuerte Prozessketten sind Bedingungs-Ereignisnetze aus der mathematischen Petri-Netz-Theorie. Es ist nicht erforderlich, die Theorie verstanden zu haben, um EPK gut nutzen zu können. EPK bestehen aus grafischen Symbolen für Ereignisse, (betriebliche) Funktionen, Konnektoren und Pfeilen für den zeitlichen Fluß.
eEPK sind EPK, die um Modellierungselemente (grafische Symbole) aus anderen Sichten auf das Unternehmen (andere Perspektiven des ARIS-Hauses, Abb. 1) angereichert sind (siehe Abb. 2). eEPK klären damit die Fragestellung „Wer tut im Prozessablauf was und in welcher Reihenfolge mit welcher Software und mit welchem Ergebnis“
Abb. 1: Einordnung von eEPK in das ARIS-Haus
Abb. 2: Die eEPK Modellierungselemente
Wie kann man einen Geschäftsprozess mit eEPK modellieren und visualisieren?
Am Anfang der Modellierung des Geschäftsprozesses steht die textliche Beschreibung
Ein eEPK ersetzt nicht die textliche Beschreibung eines Geschäftsprozesses, sondern ergänzt sie.
Einfache schlanke und erweiterte Ereignisgesteuerte Prozesskette
Folgender einfache Ablauf sei mit einer schlanken eEPK wie in Abb. 3 visualisiert:
Auslöser für den Prozess ist der Wunsch des Gastes, einen Espresso zu konsumieren. Der Gast betritt das Cafè und sucht sich einen Platz. Der Barista nimmt den Wunsch / die Bestellung auf. Damit ist der Bestellvorgang abgeschlossen.
Abb. 3: einfache (schlanke) EPK mit linearem Ablauf
Die schlanke EPK hat den Nachteil, dass die Informationen über die handelnden Personen und die Objekte der Begierde verloren gegangen sind. Jedoch hat die schlanke EPK den Vorteil, dass sie einen kompakten Überblick über den Prozess gibt. In Abb. 4 ist zum vergleich die entsprechende eEPK gezeigt.
Abb. 4: einfache eEPK mit linearem Ablauf, gleicher Prozess wie in Abb. 3:
Alternative Pfade mit Konnektoren
Wenn ein Gast nicht nur einen Espresso möchte, sondern auch oder alternativ ein Gericht, dann wird die Küche beauftragt. Eine Darstellung von Alternativen ist in Abb. 5 gezeigt. Abb. 5 enthält ebenso einen sogenannten Prozesswegweiser, der dann eingesetzt wird, wenn Modelle zu umfangreich werden und nicht mehr auf ein Blatt Papier passen.
Abb. 5: eEPK mit Verzweigung und Prozesswegweisern
Umgang mit dem Prozesswegweiser
Ein Prozesswegweiser steht in der „aufrufenden“ eEPK anstelle einer Funktion und in der „aufgerufenen“ eEPK vor dem ersten Ereignis. Der Prozesswegweiser in der aufgerufenen eEPK gibt durch seine Bezeichnung an, von welcher anderen eEPK der Aufruf erfolgt. Danach folgt das Ereignis, das im aufrufenden Prozess vor dem Prozesswegweiser steht. Hier ist dies das Ereignis „Espresso gewünscht“ .
In dem stark vereinfachtenBeispiel in Abb. 6, dem Teilprozess „Espresso bereiten“, den der Prozesswegweiser in Abb. 5 referenziert, verwendet der Barista die Espressomaschine für die Zubereitung des Espressos.
Abb. 6: eEPK zum Teil-Geschäftsprozess „Espresso bereiten“
Regeln für die Geschäftsprozess-Modellierung mit eEPK
Die folgenden Regeln sind einzuhalten, ein Verstoß führt dazu, dass ein eEPK „syntaktisch falsch“ ist. Die Regeln gelten auch für schlanke EPK.
- Ein eEPK beginnt und endet mit einem Ereignis.
- Ereignisse und Funktionen wechseln sich im Ablauf immer ab.
- Sowohl Ereignis aus auch Funktion haben jeweils nur einen Kontrollflußeingang und einen Kontrollflußausgang.
- Ein Konnektor kann mehrere Kontrollflußeingänge und mehrere Kontrollflußausgänge haben.
- Mehrere Teilabläufe werden durch die gleiche Art Konnektor zusammengeführt, mit der sie aufgeteilt wurden.
Weitere Modellierungsmethoden
Zieldiagramme und Funktionshierarchiebäume
Daten und Datenmodellierung (1) (dreiteilige Serie)
Zieldiagramme und Funktionshierarchiebäume
Quellen
ARIS erklärt von Prof. Fettke in der Enzyklopädie der Wirtschaftsinformatik
Tabakgarage – Eine Fallstudie für die Wirtschaftsinformatik
Abts, Dietmar & Mülder, Wilhelm (2017) Grundkurs Wirtschaftsinformatik – Eine kompakte und praxisorientierte Einführung. 9. Auflage. Wiesbaden. S. 538-543.
Hansen, Hans Robert; Mendling, Jan; Neumann, Gustaf (2019) Wirtschaftsinformatik. 12. Auflage. Berlin. S. 151 ff. (nur Wertschöpfungsketten und BPMN)
Videos
Zur Geschäftsprozessmodellierung mit eEPK gibt es zwei aufeinander aufbauende Videos: