Mit einer Lebendfalle gelingt es, eine Ratte aus dem eigenen Garten zu entfernen ohne das Tier erheblich zu verletzen und ohne die Ratte anfassen zu müssen. Der Aufwand ist nicht höher als z.B. mit einer Schlagfalle, da eine tote Ratte zu beseitigen einige – auch olfaktorische – Probleme bereitet. Hier lesen Sie einen Erlebnisbericht, teilweise mit einer Wildtierkamera dokumentiert. Dies ist der zweite Teil einer dreiteiligen Artikelserie
Die anderen Teile der Artikelserie:
Teil 3: Ratten lebend fangen – gar nicht so einfach. Hier lesen Sie über die Misserfolge und Fehlschläge beim Versuch, Ratten zu fangen.
12.10.2021
Wo kommt die Ratte her?
Ratten lieben Kompost, Lebensmittelabfälle und fast alles, was Menschen hinterlassen. Frühe Experimente mit Schnellkompostern zeigten, dass Ratten auch Löcher in Kunststoff nagen können. Aus dem Grunde kompostieren wir seit langem nur noch Rasenschnitt – Gemüseabfälle kommen in die braune Tonne und werden entsorgt. Neben unserem Grundstück ist ein Park, es gibt Menschen, die die die wilden Kaninchen dort mit reichlich Brotresten füttern. Da Ratten kohlehydratreiches Futter mögen, liegt die Vermutung nahe, dass die Ratten dort ihre Nester angelegt haben und im beginnenden Winter auch die anliegenden Privatgrundstücke nach Fressbarem durchsuchen.
Die Lebendfalle
Die Falle besteht aus massivem grün beschichteten Drahtgeflecht. Der Mechanismus ist bestechend einfach, robust und funktional: Die einseitige Belastung einer Wippe mit dem Köder entriegelt zwei relativ schwere Metall-Falltüren, die die Falle verschließen und dem gefangenen Tier keine Chance geben, diese von innen zu öffnen.
Die Falle ist 62 cm lang, 17 cm breit und 17 cm hoch.
Die Falle finden Sie über eine Google Suche mit der Begriffsfolge „lebendfalle ratten drahtgeflecht 62 17 falltür hochwertige fanglösung“ für unter 40 €.
Abb. 1: Die präparierte Falle. Oben ist die mit Klarsichfolie abgedeckt, damit der Regen den Köder nicht aufweicht. Die Latte (50 cm lang, mit 10-cm-Markierungen) dient als Größenvergleich. Die Walnussblätter zur Anbeckung des Gitterbodens sind eventuell überflüssig (wird getestet)
Nach Recherchen im Internet habe ich vor dem ersten Einsatz zwei Modifikationen an der Falle vorgenommen, die sich beide direkt bewährt haben:
- Die Falltüren sind 62cm/2=31cm von der Wippe entfernt. Es ist nicht auszuschließen, dass bei einem größeren Tier der Schwanz unter die Falltür gerät. Um dies zu verhindern, wurden zwei kleine Holzkeile in die Führung der Falltüren einseitig eingebracht und mit Kabelbinder (in schickem rot) fixiert.
- Damit das Lieblingsfutter der Ratten – Haferflocken – auf der Wippe verbleiben, habe ich ein Deckelchen mit doppelseitigem Klebeband als Behältnis auf die Wippe geklebt (Abb. 3)
Abb. 2: Holzkeile verhindern, dass ein Tier durch die Falltür am Schwanz verletzt wird.
Abb. 3: Eine kleine Schale hält den Köder
Der Köder
In meinem Falle sollte eine Wanderratte gefangen werden. In verschiedenen Internetbeiträgen wird Nuss-Nougat-Creme empfohlen. Ein von mir vorab durchgeführter Fütterversuch zeigte allerdings eine deutliche Präferenz der Tiere für Haferflocken, noch vor der Creme des Marktführers.
Auch Rotkehlchen und Amseln mögen Haferflocken, daher sollten Sie die Falle erst nach Einbruch der Dunkelheit öffnen und scharf stellen.
Waidmanns Glück
Durch die Fütterversuche fanden sich regelmäßig zwei junge Wanderratten im Garten ein. Zunächst erregte die Falle deutliches Mißtrauen. Nach wenigen Stunden getraute sich eine Ratte in die Falle und löste die Falltüren aus.
Abb. 3: Ratte in der Lebendfalle
Bis zum Morgen versuchte die Ratte, die Falltüren zu öffnen oder die Gitterstäbe zu zernagen. Dabei wirkte sie nicht panisch. Einmal erhielt die gefangene Ratte Besuch von der zweiten Ratte, es schien, als fand eine Art Kommunikation zwischen den Tieren statt.
Abb. 4: gefangene Ratte erhält Besuch von zweiter Ratte
Am frühen Morgen konnte ich den Fangerfolg begutachten (Abb. 5). Ratten sind hübsche Tiere, es macht froh, sie unverletzt gefangen zu haben.
Abb. 5: Gefangene Ratte im Morgenlicht
Aussetzen der Ratte
Damit die Ratte nicht wieder zurück findet, ist sie in einen Abstand von möglichst über 2 km zu verbringen. Auch Nachbarn sollten Sie die Ratte nicht zumuten und sie entfernt jeder Wohnbebauung aussetzen. Das erfordert, wie eingangs gesagt, nun etwas Aufwand.
Für den Transport kommt die komplette Falle in einen Karton, der allerdings mindestens 70 cm lang sein muss. Mit einer Pappe habe ich die Falle noch abgedunkelt, was die Ratte sichtlich beruhigte. So lässt sich die Falle im Auto – oder wenn man hat: in einem Fahrradanhänger – transportieren. Diese Ratte habe ich am Rande eines kleinen Waldstückes ausgesetzt. Nach dem Öffnen einer Falltür verlies die Ratte sofort die Falle und flüchtete ins Gebüsch.
Abb. 6: Die Falle am Zielort.
Fazit
Der Einsatz der Lebendfalle stellt keine Herausforderung dar. Das Prozedere ist sicher und einfach, und die Falle lässt sich mit einem Wasserstrahl einfach säubern. Danach sind keine Folgearbeiten nötig.
Bei einem andauernden Befall sollte die jeweilige Kommune informiert werden, da (wilde) Ratten grundsätzlich ein Gesundheitsproblem darstellen.
Anhang
Quellen
Hinweise eines Kammerjägers (kommerzielle Seite)
Eine sehr kompakte Darstellung über Ratten (für Kinder…)
Ratten als Krankheitsüberträger – Laves Niedersachsen
Glossar und Begriffsabgrenzungen, Wissenswertes
Eigenschaften
Ratte (Fortpflanzung): Ratten (sowie auch Mäuse) sind nach zwei bis drei Monaten geschlechtsreif. Wanderratten werfen bis zu sechs Mal im Jahr etwa acht Junge, Hausratten sogar bis zu 12. Bei den Hausmäusen verhält es sich ähnlich wie bei Kanalratten: Sie bringen vier bis acht Mal im Jahr etwa vier bis acht Junge auf die Welt.
Das Besondere Gebiss der Ratten (als typische Nager): Mit weit über 2000 Arten sind die Nagetiere, zu denen die Ratten gehören, eine der erfolgreichsten und größten Gruppen unter den Säugetieren. Charakteristisches Merkmal ist ihr Gebiss, das sich speziell für das Nagen entwickelt hat. In Ober- und Unterkiefer sind je ein Paar Schneidezähne im Knochen eingebettet. Der Zahnschmelz ist vergleichsweise dick macht die Zähne besonders hart. Die Nagezähne wachsen ständig nach und durch gegenseitiges Aneinanderschleifen werden sie messerscharf. Nage- und Backenzähne sind durch eine große Lücke getrennt. Mit einem solchen Gebiss können die Tiere sogar Hartkunststoffe und Metalle wie Blei, Aluminium, Kupfer und Weißblech durchnagen. Hautfalten hinter den Schneidezähnen verhindern, dass Ungenießbares oder Bitterstoffe in die Mundhöhle geraten.
Physiologie von Wander- und Hausratte: Mit einer Kopf-Rumpf-Länge von 16 bis 24 Zentimetern und einem Gewicht von bis zu 250 Gramm ist die Hausratte kleiner als die Wanderratte, sie ist im Schnitt zehn Zentimeter größer und mit einem Gewicht von bis zu 580 Gramm wesentlich schwerer als die Hausratte. Das Fell der Wanderratte ist bräunlich gefärbt, das der Hausratte ist schwarz.
Unterschiede zwischen Ratten und Mäusen
Anders als Mäuse sind Ratten in Deutschland beim zuständigen Ordnungsamt meldepflichtig. Hinzu kommen Unterschiede in der Bekämpfung: Beispielsweise sind unterschiedliche Methodenbei Mäusen wirksamer als bei Ratten. Mäuse dürfen nicht nicht mit allen Giftarten getötet werden.
Einige körperliche Merkmale sind im Unterschied zwischen Ratten und Mäusen sehr prägnant.
- Größe: Ausgewachsene Ratten sind größer als Mäuse. Mäuse erreichen eine Körperlänge von bis zu 10 Zentimetern. Ratten können sogar 18 bis 23 Zentimeter groß werden. Hinzugerechnet wird bei diesen Angaben noch die Schwanzlänge.
- Körperbau und Proportionen: Der Rattenschwanz ist in der Regel immer kürzer als der Körper, sehr dick und im unteren Bereich blass. Ein Mäuseschwanz ist mindestens genauso lang wie ihr Körper, häufig auch länger. Wanderratten haben außerdem einen kräftigeren Körper.
- Ohren und Nase: Ratten haben relativ kleine Ohren, während sich Mäuse durch große, dünne Ohren auszeichnen. Zusätzlich ist die Nase von Ratten stumpf. Die von Mäusen ist spitz, wodurch ihre Schädelform dreieckig zusammenläuft.
- Farbe des Fells: Insbesondere Wanderratten erkennen Sie an ihrem graubraunen Fell, welches an der Unterseite in einen helleren Grauton verläuft. Hausmäuse haben eine hellgraue bis braune Fellfarbe, wobei der Bauch ebenfalls etwas heller ist.
- Rattenkot: Der Kot von Wanderratten ist 1 bis 2 cm lang, spindelförmig und dunkelbraun. Er kann leicht mit dem von Spitzmäusen verwechselt werden, der allerdings harmlos ist: Spitzmäuse sind Insektenfresser und übertragen keine Krankheiten. Sie sind außerdem keine Schädlinge. Für gewöhnlich haben Hausratten einen schmaleren und bananenförmigen Kot. Ratten haben meist bestimmte Bereiche, an denen sie ihren Kot ausscheiden.
- Mäusekot: Die Hausmaus scheidet 3 bis 8 mm langen, schwarzen Kot aus, also wesentlich kleiner als der von Ratten. Typischerweise entleeren sich die Tiere kontinuierlich und hinterlassen zwischen 60 und 80 Kotpillen am Tag an beliebigen Orten.
Entwicklungsgeschichte der Ratten
Erst vor Kurzem wurden zwei Zähne von rattenähnlichen Lebewesen entdeckt, die vor 145 Millionen Jahren lebten und als Säugetiere zu den ältesten entfernten Vorfahren des Menschen zählen. Zum Vergleich: Honigbienen gibt es seit 39 Mio Jahren fast unverändert. Honigbienen, Ameisen und Wespen hatten vor 79 Mio Jahren einen gemeinsamen Uhrahn in Form einer vegetarisch lebenden Ur-Wespe. Die rattenähnlichen Lebewesen waren ihren abgekauten Zähnen zufolge recht alt geworden – trotz der zu dieser Zeit noch lebenden Dinosaurier.
Man geht davon aus, dass die gefundendenen Zähne zwei verschiedenen Spezies kleiner Lebewesen mit Fell zuzuordnen sind, die von Insekten und möglicherweise auch von Pflanzen gelebt haben. Die Zähne sind von einem hoch entwickelten Typ, der durchbohren, schneiden und zermalmen kann. Die beiden Zähne gehören zu den ältesten Fossilien, „die zu jener Säugetier-Linie gehören, aus denen sich unsere eigene Spezies entwickelte“. Die Tiere seien behaart und wohl nachtaktiv gewesen. Auch wenn die rattenähnlichen Tiere sich stark vom Menschen unterscheiden, beschreiben die Forscher sie als „die frühesten bisher bekannten aus der Linie der Säugetiere, die zu unserer eigenen Spezies geführt haben [können]“.
Rund 40 Prozent des Genoms von Ratte, Maus und Mensch haben eine ähnliche Basenabfolge und stammen von einem gemeinsamen Vorfahren ab, der vor etwa 80 Millionen Jahren lebte – auch zu dieser Zeit, gab es noch Dinosaurier auf der Erde
Das Genom der Rattegleicht zu 90 Prozent dem menschlichen Erbgut. Zu fast allen menschlichen Genen, die mit Krankheiten in Verbindung gebracht werden, gibt es eine entsprechende Erbanlage im Rattengenom. Das Macht die Ratte zu einem guten Modellorganismus.
Neuzeit: Menschen gibt es seit ewta 300.000 Jahren und die Ratte ist seit langem ein Kulturfolger. Die ersten Ratten erreichten vor etwa 3.000 Jahren über die Fernhandelsrouten aus Asien erst Mesopotamien, dann die Levante und den östlichen Mittelmeerraum. Von dort aus breiteten sich die Hausratten während der Antike und vor allem der Römerzeit dann weiter nach Norden und Westen aus.
Autor und Lizenz
Autor: Prof. Dr. rer. nat. Claus Brell, aktuelle Projekte: Biene40, AI4Bee
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