Ratten lebend fangen – gar nicht so einfach

Bild: Von den Shwierigkeiten, eine Ratte mit einer Lebendfalle zu fangen.

Lebendfalle aufstellen und der Fangerfolg stellt sich von selber ein? Ratten sind intelligente Tiere, daher ist Ratten lebend fangen nicht ganz einfach. Im dritten Teil der Artikelserie lesen Sie über Misserfolge und – so geplant – über Tricks beim Rattenfangen mit einer Lebendfalle.

English: Set up a live trap and the catch will be successful by itself? Rats are intelligent animals, so catching rats alive is not so easy. In the third part of the article series you will read about failures and – so planned – about tricks when catching rats with a live trap.

Die anderen Teile der Artikelserie:

Teil 1: Wie sie erkennen, dass es sich um eine Ratte handelt und nicht um z.B. eine Wühlmaus, habe ich in einem separaten Beitrag beschrieben.

Teil 2: Ratten mit Lebendfalle fangen

12.10.2021

Ratten sind misstrauisch

Ratten sind intelligent, sozial, mißtrauisch. Eine Beobachtung der Kommunikation einer gefangenen Ratte mit einer Ratte außerhalb der Falle, die im zweiten Teil beschrieben ist, lässt vermuten, dass Ratten auch aus dem Missgeschick von Artgenossen lernen können. Haben Ratten das „Konzept Falle“ erst einmal begriffen, ist das jeweilige Fanggerät zunächst „verbrannt“.

youtube-Link: In einem mit einer Infrarotkamera aufgenommenen Video ist das Verhalten der Ratte zu beobachten.

Ratten widerstehen der Versuchung

Ratte betritt Falle nicht: Direkt in der Nacht nach dem ersten Fangerfolg startete der Versuch, auch die zweite Ratte zu fangen. Dazu kam die Falle am gleichen Ort und mit dem gleichen Köder (Haferflocken) zum Einsatz. Die Ratte interessiert sich für die Falle und den Inhalt, traut sich jedoch nicht hinein (Abb. 1).

Mögliche Fehlerquelle: Der Gitterboden der Falle war – aus Gründen der Bequemlichkeit – unbedeckt. In der Nacht mit Fangerfolg lagen Walnussblätter aus Tarnung auf dem Boden.

Bild: Ratte untersucht Fallentür, betritt die Falle aber nicht

Abb. 1: Die Ratte untersucht die präparierte Falle, umrundet sie vielfach, betritt sie aber nicht. Das Bild zeigt die Inspektion der Falltür.

Falle löst ohne Fangerfolg aus

In der zweiten Nacht nach dem Fangerfolg ist die Falle  zwischen 02:22 Uhr und 04:53 Uhr zugeschlagen, ohne dass eine Ratte darin ist. Die Wildtierkamera hat dabei nicht ausgelöst, es ist also nicht anzunehmen, dass die Ratte oder ein ähnlich großes Warmblütiges Tier den Verschlussmechanismus betätigt hat.

Mögliche Ursachen: In der Nacht war die Wühlmaus ebenfalls aktiv und hat kleine Hügel in der Nähe der Falle aufgeworfen. Ggf. hat die Wühlmaus durch Bodenbewegung die Falle ausgelöst. Es war zudem windig, es ist nicht auszuschließen, dass ein herbeigewehter Ast den Mechanismus ausgelöst hat.

Die Ratte hielt sich vor dem Zuschlagen der Falltüren (Abb. 2) in der Nähe der Falle auf. Das Zuschlagen hat die Ratte nicht abgeschreckt, sie untersucht die Falle nach dem Auslösen noch einmal (Abb. 3).

Bild: Rattenfalle offen, wird von Ratte ignoriert um 02:22 Uhr

Abb. 2: Ratte in der Nähe der scharfen Falle. Sie betritt die Falle nicht.

Bild: Rattenfalle ist "von alleine" zugeschlagen, wird von Ratte untersucht um 04:53 Uhr

Abb. 3: Ratte untersucht die wenig später zugeschlagene Falle

Falle mit Nuss-Nougat-Creme lockt auch Igel an

Möglich ist, dass die Ratte den Geruch von Haferflocken in Kombination mit weiteren Merkmalen mit dem Konzept „gefährliche Falle“ verbindet. Daher habe ich in einem weitern Versuch den Haferflocken-Köder in der Falle und auch außerhalb der Falle durch ein Toastbrot-Stückchen mit Nuss-Nougat-Creme des Marktführers ersetzt. Das lockt einen großen Igel an. Der Igel frisst zunächst den Köder außerhalb der Falle, geht dann auch in die Falle und löst die Falle aus. Nachts nach einer Stunde habe ich den ungewünschten Fang bemerkt und die Falle geöffnet. Der Igel war unverletzt und schien auch nicht beunruhigt – was erst einmal für das „humane“ Konzept dieser Fallenkonstruktion spricht. Der Igel ist nicht gleich geflüchtet und noch fast 20 Minuten in der offenen Falle verblieben. Das Bild (Abb. 4) zeigt, wie sich Ratte und Igel einträchtig vor der Falle begegnen.

Bild, wie Ratte und Igel einträchtig neben der Falle sitzen

Abb. 4: Ratte und Igel einträchtig nebeneinander an der Falle

Tagsüber fängt die Falle Vögel

Spätestens in der Morgendämmerung sollte die Falle abgeräumt sein. Die Wippe ist so empfindlich, dass auch ein leichtes Vögelchen die Falltür auslösen kann. Kurz nach Sonnenaufgang hatte sich ein Rotkehlchen in die Falle verirrt (Abb. 5).

Bild: Tagsüber fängt die Lebendfalle auch Vögel - hier ein Rotkehlchen

Abb. 5: Rotkehlchen in der Lebendfalle

Auch Igel mögen die Rattenfalle

Zweimal kurz hintereinander hat sich ein Igel in die Lebendfalle verirrt. Zumindest der Köder „Haferflocken“ sollte den Igel nicht interessieren. Vermutlich inspiziert er die Falle auf der Suche nach einem Unterschlupf. Sobald die Falltüren geöffnet sind, verbleibt der Igel noch still einige Minuten in der Falle, bis er sie verlässt. Erfreulich ist, dass die Konstruktion der Falle dem Igel kein Leid antut.

Bild: Igel unversert und unbeabsichtigt in einer Ratten-Lebendfalle

Abb. 6. Igel unbeabsichtigt in der Lebendfalle

Ratte gefangen, aber sie kann – irgendwie – entkommen

In einem youtube-Video ist festgehalten, wie die Falle eine Ratte fängt. Zu sehen ist, dass in einem Video etwa sieben Minutne später keine Ratte mehr in der Falle ist – sie hat es auf bis jetzt noch geheimnisvolle Weise hinausgeschafft.

Falle hochgestellt, Ratte weiterhin misstrauisch

Ratten klettern gerne, Igel nicht. Um zu verhindern, dass ein Igel die Falle auslöst, habe ich die Falle auf Holzklötze gestellt. Abb. 7 zeigt die Ratte, wie Sie den Falleneingang (im Bild rechts, Zeit: 23:00) beschnüffelt. Die Ratte hat die Falle jedoch nicht betreten. Zwei Stunden später hat die Ratte auch den Eingang auf der anderen Seite untersucht.

Bild: zeit eine Ratte, die an einer etwas hochgebauten Lebendfalle schnüffelt

Abb. 7: Falle hochgestellt, Ratte beschnüffelt Falle, geht aber nicht hinein.

Fazit

Es sind unter Umständen mehrere Anläufe nötig, um eine Ratte mit einer Lebendfalle zu fangen.

Anhang

Quellen

Erlich JC, Brunton BW, Duan CA, Hanks TD, Brody CD (2015) Distinct effects of prefrontal and parietal cortex inactivations on an accumulation of evidence task in the rat. eLife 4:e05457. doi:10.7554/eLife.05457 pmid:25869470, online Ressource, abgerufen am 03.10.2021

Focus So intelligent sind Ratten wirklich.

Glossar und Begriffsabgrenzungen, Wissenswertes

Eigenschaften

Ratte (Fortpflanzung): Ratten (sowie  auch Mäuse) sind nach zwei bis drei Monaten geschlechtsreif. Wanderratten werfen bis zu sechs Mal im Jahr etwa acht Junge, Hausratten sogar bis zu 12. Bei den Hausmäusen verhält es sich ähnlich wie bei Kanalratten: Sie bringen vier bis acht Mal im Jahr etwa vier bis acht Junge auf die Welt.

Das Besondere Gebiss der  Ratten (als typische Nager): Mit weit über 2000 Arten sind die Nagetiere, zu denen  die Ratten gehören, eine der erfolgreichsten und größten Gruppen unter den Säugetieren. Charakteristisches Merkmal ist ihr Gebiss, das sich speziell für das Nagen entwickelt hat. In Ober- und Unterkiefer sind je ein Paar Schneidezähne im Knochen eingebettet. Der Zahnschmelz ist vergleichsweise dick macht die Zähne besonders hart. Die Nagezähne wachsen ständig nach und durch gegenseitiges Aneinanderschleifen werden sie messerscharf. Nage- und Backenzähne sind durch eine große Lücke getrennt. Mit einem solchen Gebiss können die Tiere sogar Hartkunststoffe und Metalle wie Blei, Aluminium, Kupfer und Weißblech durchnagen. Hautfalten hinter den Schneidezähnen verhindern, dass Ungenießbares oder Bitterstoffe in die Mundhöhle geraten.

Physiologie von Wander- und Hausratte: Mit einer Kopf-Rumpf-Länge von 16 bis 24 Zentimetern und einem Gewicht von bis zu 250 Gramm ist die Hausratte kleiner als die Wanderratte, sie ist im Schnitt zehn Zentimeter größer und mit einem Gewicht von bis zu 580 Gramm wesentlich schwerer als die Hausratte. Das Fell der Wanderratte ist bräunlich gefärbt, das der Hausratte ist schwarz.

Unterschiede zwischen Ratten und Mäusen

Anders als Mäuse sind Ratten in Deutschland beim zuständigen Ordnungsamt meldepflichtig. Hinzu kommen Unterschiede in der Bekämpfung: Beispielsweise sind unterschiedliche Methodenbei Mäusen wirksamer als bei Ratten. Mäuse dürfen nicht nicht mit allen Giftarten getötet werden.

Einige körperliche Merkmale sind im Unterschied zwischen Ratten und Mäusen sehr prägnant.

  • Größe: Ausgewachsene Ratten sind größer als Mäuse. Mäuse erreichen eine Körperlänge von bis zu 10 Zentimetern. Ratten können sogar 18 bis 23 Zentimeter groß werden. Hinzugerechnet wird bei diesen Angaben noch die Schwanzlänge.
  • Körperbau und Proportionen: Der Rattenschwanz ist in der Regel immer kürzer als der Körper, sehr dick und im unteren Bereich blass. Ein Mäuseschwanz ist mindestens genauso lang wie ihr Körper, häufig auch länger. Wanderratten haben außerdem einen kräftigeren Körper.
  • Ohren und Nase: Ratten haben relativ kleine Ohren, während sich Mäuse durch große, dünne Ohren auszeichnen. Zusätzlich ist die Nase von Ratten stumpf. Die von Mäusen ist spitz, wodurch ihre Schädelform dreieckig zusammenläuft.‍
  • Farbe des Fells: Insbesondere Wanderratten erkennen Sie an ihrem graubraunen Fell, welches an der Unterseite in einen helleren Grauton verläuft. Hausmäuse haben eine hellgraue bis braune Fellfarbe, wobei der Bauch ebenfalls etwas heller ist.
  • Rattenkot: Der Kot von Wanderratten ist 1 bis 2 cm lang, spindelförmig und dunkelbraun. Er kann leicht mit dem von Spitzmäusen verwechselt werden, der allerdings harmlos ist: Spitzmäuse sind Insektenfresser und übertragen keine Krankheiten. Sie sind außerdem keine Schädlinge. Für gewöhnlich haben Hausratten einen schmaleren und bananenförmigen Kot. Ratten haben meist bestimmte Bereiche, an denen sie ihren Kot ausscheiden.
  • Mäusekot: Die Hausmaus scheidet 3 bis 8 mm langen, schwarzen Kot aus, also wesentlich kleiner als der von Ratten. Typischerweise entleeren sich die Tiere kontinuierlich und hinterlassen zwischen 60 und 80 Kotpillen am Tag an beliebigen Orten.

Entwicklungsgeschichte der Ratten

Erst vor Kurzem wurden zwei Zähne von rattenähnlichen Lebewesen entdeckt, die vor 145 Millionen Jahren lebten und als Säugetiere zu den ältesten entfernten Vorfahren des Menschen zählen. Zum Vergleich: Honigbienen gibt es seit 39 Mio Jahren fast unverändert. Honigbienen, Ameisen und Wespen hatten vor 79 Mio Jahren einen gemeinsamen Uhrahn in Form einer vegetarisch lebenden Ur-Wespe. Die rattenähnlichen Lebewesen waren ihren abgekauten Zähnen zufolge recht alt geworden – trotz der zu dieser Zeit noch lebenden Dinosaurier.
Man geht davon aus, dass die gefundendenen Zähne zwei verschiedenen Spezies kleiner Lebewesen mit Fell zuzuordnen sind, die von Insekten und möglicherweise auch von Pflanzen gelebt haben. Die Zähne sind von einem hoch entwickelten Typ, der durchbohren, schneiden und zermalmen kann.  Die beiden Zähne gehören zu den ältesten Fossilien, „die zu jener Säugetier-Linie gehören, aus denen sich unsere eigene Spezies entwickelte“. Die Tiere seien behaart und wohl nachtaktiv gewesen. Auch wenn die rattenähnlichen Tiere sich stark vom Menschen unterscheiden, beschreiben die Forscher sie als „die frühesten bisher bekannten aus der Linie der Säugetiere, die zu unserer eigenen Spezies geführt haben [können]“.
Rund 40 Prozent des Genoms von Ratte, Maus und Mensch haben eine ähnliche Basenabfolge und stammen von einem gemeinsamen Vorfahren ab, der vor etwa 80 Millionen Jahren lebte – auch zu dieser  Zeit, gab es noch  Dinosaurier  auf der Erde
Das Genom der Rattegleicht zu 90 Prozent dem menschlichen Erbgut. Zu fast allen menschlichen Genen, die mit Krankheiten in Verbindung gebracht werden, gibt es eine entsprechende Erbanlage im Rattengenom. Das Macht die Ratte zu einem guten Modellorganismus.
Neuzeit: Menschen gibt es seit ewta 300.000 Jahren und die Ratte ist seit langem ein Kulturfolger.  Die ersten Ratten erreichten vor etwa 3.000 Jahren über die Fernhandelsrouten aus Asien erst Mesopotamien, dann die Levante und den östlichen Mittelmeerraum. Von dort aus breiteten sich die Hausratten während der Antike und vor allem der Römerzeit dann weiter nach Norden und Westen aus.

 

Autor und Lizenz

Autor: Prof. Dr. rer. nat. Claus Brell, aktuelle Projekte: Biene40AI4Bee
Lizenz: CC BY

Inhalte des Beitrages können Sie entsprechen der Lizenz verwenden. Unter dieser Lizenz veröffentlichte Werke darf jedermann für private, gewerbliche und sonstige Zwecke nutzen verändern und auch neu ohne CC-Lizenz vermarkten. Als Urheber mache ich keine Rechte geltend.

Teile diesen Beitrag.

2 Gedanken zu „Ratten lebend fangen – gar nicht so einfach

  1. Boris Auer Antworten

    Lieber Claus,

    vorab vielen Dank für den tollen und informativen Blog. Kannst Du eine Rattenfalle empfehlen? Ich habe hier eine wesentlich kleinere, auch mit Gitter, allerdings mit so einem Metallstift im Inneren der Falle, der den Falltür Mechanismus auslöst. Die Falle ist gerade mal 35cm lang und ich denke ich bin bei den Raiffeisen falsch beraten worden. Jedenfalls waren heute Morgen die Köder (Apfelschnitzen) im Inneren weg, die Falltür geschlossen und keine Ratte 🐀 drin. Also gehe ich davon aus, dass das Tier größer war und die Tür durch Gegendruck geöffnet haben muss. Über einen Tipp wäre ich sehr dankbar. herzliche Grüße, Boris

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert