ARIS spielte eine wesentliche Rolle bei der Entwicklung der ersten SAP-Systeme. Erfunden an der Universität des Saarlandes, ist ARIS heute ein gängiger Ordnungsrahmen, mit dem Informationssysteme konzeptioniert und analysiert werden.
„ARIS – was ist die Architektur integrierter Informationssysteme?“ ist Teil der Artikelserie „Methoden der Wirtschaftsinformatik von Null auf Hundert„
Stand 17.11.2024
Betriebliche Informationssysteme
Betriebliche Informationssysteme sind in der Regel kompliziert. Um bei der Planung neuer oder der Analyse vorhandener Informationssysteme die Komplexität zu reduzieren, gibt es verschiedene Rahmenmodelle, von denen die Architektur Integrierter Informationssysteme (ARIS) insbesondere in Deutschland etabliert hat.
Was ist ein Betriebliches Informationssystem? Ein betriebliches Informationssystem unterstützt die Leistungsprozesse innerhalb eines Unternehmens und die Austauschbeziehungen zwischen Betrieb und Umwelt. Beispiele betrieblicher Informationssysteme sind beispielsweise
- Warenwirtschaftssystem mit Internet-Shop für ein Handelsunternehmen.
- Bestandsverwaltung und Ausleihsystem für eine Bibliothek.
- Lehrgangs- und Dozentenverwaltung für ein Weiterbildungsinstitut.
- CAD-System und Patentrecherchesystem für ein Ingenieurbüro.
- …..
Betrieblicher Informationssysteme bestehen aus Informationstechnik (IT), also Computerprogrammen, Datenbanken und Kommunikationsnetzen (vereinfacht) und werden von Personen (also Menschen) in unterschiedlichen Organisationseinheiten benutzt. Das Zusammenspiel von IT, Menschen und Organisation zu beschreiben ist das Ziel von ARIS.
Das ist ARIS
ARIS wurde ARIS stützt sich auf eine Fünf-Sichten-Architektur, die in Form eines Hauses angeordnet ist (ARIS-Haus). Diese fünf Sichten oder Perspektiven sind die Organisations-, Daten-, Leistungs-, Funktions- und Steuerungssicht. Bis auf die Leistungssicht – das ist das, wie mit dem Informationssystem Geld verdient wird – sind die Sichten noch in jeweils drei konzeptionelle Beschreibungsebenen unterteilt (Fachkonzept, DV-Konzept, Implementierung). So bildet das ARIS-Rahmenmodell eine Möglichkeit, verschiedene etablierte Methoden einzusortieren (Abb. x). Beispielsweise werden in der Ebene Fachkonzept der Steuerungssicht Prozesse mit erweiterten Ereignisgesteuerten Prozessketten beschrieben, in der Ebene DV-Konzept der Datensicht findet sich das Relationenmodell nach Codd, um Daten und Ihre Beziehungen untereinander zu beschreiben.
ARIS ist kein rein technisches Rahmenmodell, in der Ebene Fachkonzept der Organisationssicht finden Sie als Darstellungsform für den Aufbau eines Unternehmens die Organigramme. In den weiteren Abschnitten lernen Sie Modellierungsmethoden in den unterschiedlichen Beschreibungsebenen in den Perspektiven kennen.
Abb. 1: Das ARIS-Haus mit fünf Perspektiven und jeweils drei Beschreibungsebenen (bis auf Leistungssicht)
ARIS wurde von August-Wilhem Scheer an der Universität des Saarlandes entwickelt. Seine Leistungsfähigkeit zeigte ARIS insbesondere bei der Konzeption des Informationssystems des Walldorfer Unternehmens SAP.
Die ARIS-Perspektiven
Organisations-Perspektive
Die Organisationsperspektive beschreibt die Aufbauorganisation in Form eines Organigramms ( Organigramm – wer tut was im Unternehmen? ), die Topologie der eingesetzten oder geplanten IT-Landschaft und beschreibt die Technik der Vernetzung der IT-Geräte untereinander. ( Topologie ).
Daten-Perspektive
Daten sind die Beschreibung des Unternehmens im Computer. Daten werden im ERM und mit Relationenmodellen visualisiert und beschrieben( Daten und Datenmodellierung (1) , Datenmodellierung mit dem Relationenmodell nach Codd ). Ein Datenmodell stellt immer eine Blitzlichtaufnahme des Unternehmens dar, währen Prozessmodelle die Dynamik und die Veränderungen aufzeigen.
Funktionen-Perspektive
Die Funktionen beschreiben Transformationen von Datensätzen, bringen also die Dynamit in das ARIS-Konzept. Funktionen sind die Kernbestandteile von Geschäftsprozessen und beschreiben, was in einem Prozess passiert. Die Funktionen werden in Form einer Hierarchie modelliert. Die Funktionen leiten sich wiederum aus den Zielen eines Unternehmens ab ( Vom Zieldiagramm zum Funktionshierarchiebaum )
Leistungs-Perspektive
Die Leistungsperspektive ist in ARIS wenig formalisiert. Im Grundsatz behandelt die Leistungsperspektive alles das, was Geldflüsse im Unternehmen verursacht, also Produkthierarchien, aber auch Zielhierarchien.
Die Steuerungs-Perspektive
Als verbindendes Element integriert die Steuerungs-Perspektive alle anderen Perspektiven. Hier sind die Geschäftsprozesse angesiedelt. Geschäftsprozesse werden in ARIS mit Erweiterten Ereignisgesteuerten Prozessketten modelliert ( Geschäftsprozess modellieren mit eEPK) . Es gibt Unternehmen, die beschreiben ihre Prozesse mit Elementen aus den Programmablaufplänen oder Flussdiagrammen ( Algorithmus – Kochrezept für Handlungsabläufe ) .Ein Geschäftsprozess ist dabei ein Ablauf von betrieblichen Funktionen, der zu einem vom Unternehmen gewünschten Ergebnis führt. Dieses Ergebnis wird oft Umsatz in irgend einer Form sein. Ein Unternehmen hat in der Regel mehrere Geschäftsprozesse. Die Gesamtheit aller Geschäftsprozesse bilden die „Process-Map“ oder Geschäftsprozesslandkarte. Ein Geschäftsprozess wird durch ein definiertes Ereignis ausgelöst und transformiert ‚Input‘ durch den Einsatz materieller und immaterieller Güter zu einem ‚Output‘. Die Funktionen werden in der Funktionen-Perspektive modelliert.
Quellen
ARIS in Gablers Wirtschaftslexikon
Scheer AW. (1998) Modellierung der einzelnen ARIS-Sichten. In: ARIS — Modellierungsmethoden, Metamodelle, Anwendungen. Springer, Berlin, Heidelberg DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-642-97731-2_2