Phänologisch imkern im Vollfrühling

Bild zeigt den Blühbeginn des Apfels in Südtirol am 07.04.2023

Phänologisch Imkern im Vollfrühling ist ein Beitrag in der zehnteiligen Serie zur Bienenhaltung nach dem phänologischen Kalender. Mit dem Beginn des Vollfrühlings beginnt die Schwarmstimmung. Den Bienen stehen Obsttrachten zur Verfügung
Das Titelbild zeigt eine Apfelblüte in Südtirol nahe Meran am 07.04.2024.

07.04.2025

Andere Beiträge der Serie:

Phänologisch Imkern im Winter

Phänologisch Imkern im Vorfrühling

Phänologisch imkern im Erstfrühling

Phänologisch Imkern im Frühsommer

Weitere folgen.

Übersicht Vollfrühling

In den ersten beiden Abschnitten erfahren Sie, was Bienen im Vollfrühling tun und welche Aufgaben auf die Imkerin und den Imker zukommen. Weiter hintern sehen Sie, wie sich das phänologische Jahr gliedert, wie das letzte Jahr war und wo wir aktuell stehen im Jahresverlauf. Auch die Wildbienen werden angesprochen – hier Sandbienen.

Was tun Bienen im Vollfrühling?

Schwarmstimmung

Je nach Veranlagung und Versorgungslage können Bienen in Schwarmstimmung geraten. An Wabenrändern bauen sie spezielle vertikal ausgerichtete Zellen, aus den dorthinein gelegten Eiern schlüpfen Larven, die von den Arbeiterinnen mehr und besonderes Futter erhalten. Die Zellen werden zu Weiselzellen, die Larven entwickeln sich zu Königinnen. Vor dem Schlupf der ersten Junkkönigin zieht die Hälfte der Bienen mit der Altkönigin aus – das Volk schwärmt.

Dem Schwärmen geht eine Abnahme des Brutgeschäftes und der Bautätigkeit voraus. Die Altkönigin wird von den Arbeiterinnen auf Diät gesetzt, damit sie wieder flugfähig wird.

Die Vorgänge in Bienenstock während des  Schwarmgeschehens ist oft von deutlich hörbaren Geräuschen (Tuten und Quaken) begleitet.

 

Was tun Imker im Vollfrühling?

Schwarmkontrolle

Durch verschiedene Maßnahmen versuchen viele Imker, den Schwarmtrieb zu mindern. Neben den wirtschaftlichen Einbußen für die Imker hat ein Schwarm in Deutschland ohne imkerliche Fürsorge nur wenig Überlebenschancen. Methoden der Schwarminderung sind das Schröpfen und Erzeugen von Ablegern. Als Notmaßnahme wird die wiederholte Zerstörung von Weiselzellen eingesetzt.

Schwarmfang

Wenige Stunden nach dem Auszug eines Schwarrms aus dem Nest ist noch Gelegenheit, den Schwarm einzufangen. In dieser Phase des Schwarmaktes sammeln sich die Bienen, Kundschafterinnen erkunden neue Nistgelegenheiten in der Nähe, und durch Schwänzeltanz auf der Schwarmtraube wird der beste neue Standort ausgehandelt (Seeley). Haben sich die Bienen erst einmal für eine neue Bleibe entschieden – wie schlecht die Wahl auch immer ausgefallen sein mag – sind sie kaum noch von dem Umzug dorthin abzuhalten.

Varroakontrolle

Die Varroaentwicklung wird beobachtet, Eine einfachen Methode ist das Zählen von gefallenen Varoamilben auf dem Schieber unter dem Gitter. Wird eine Schwelle überschritten und ist die Tracht schon geerntet, kann ein Volk gegen Varroa behandelt werden. Auch biotechnologischen Methoden sind möglich: Entfernen von verdeckelten Drohnenlarven, Herstellung eine brutfreien Zustandes über eine gewisse Zeit.

Völkervermehrung

Durch Ablegerbildung gewinnt ein Imker neue Bienenvölker. Die Ablegerbildung dient auch der Schwarmkontrolle sowie der Varroareduktion.

Honigräume aufsetzen

Bei starken Völkern können (weitere) Honigräume aufgesetzt werden.

Wie funktioniert der phänologische Kalender im Vollfrühling?

Phänologie

Die Phänologie befasst sich mit den im Jahresablauf periodisch wiederkehrenden Wachstums- und Entwicklungserscheinungen der Pflanzen. Da Pflanzen keinen Kalender haben, orientieren sie sich am Temperaturverlauf („Wärmesummen„) und an den Lichtverhältnissen im Jahr. Phänologen unterscheiden – statt vier – zehn Jahreszeiten, vom Vorfrühling, Erstfrühling und Vollfrühling bis hin zum Winter. Das Wort „Phänologie“ stammt aus dem Griechischen und bedeutet wörtlich übersetzt „Lehre von den Erscheinungen“. Die Entwicklung bestimmter Zeigerpflanzen wie Schneeglöckchen, Haselnuss, Forsythie, Holunder und Eiche definiert den phänologischen Kalender und bestimmt den Wechsel der phänologischen Jahreszeiten.

Wodurch ist der phänologische Vollfrühling gekennzeichnet?

Der phänologische Vollfrühling ist an kein festes Datum gebunden. Die Phänologie erfasst den Jahreslauf nach periodisch wiederkehrenden Erscheinungen wie dem Entwicklungsstand der Pflanzen. Der phänologischer Vollfrühling beginnt mit der Apfelblüte (Abb. 1) und endet mit dem Beginn der Holunderblüte. Im langjährigen Mittel startet der Vollfrühling nach dem 26. April. In 2024 startete der Vollfrühling am xx.xx Der Vollfrühling dauert im Durchschnitt 29 Tage und deckt somit die Zeit bis Ende Mai ab. Der Apfel blüht bei einer Grünlandtemperatursumme von etwa 700 Gradtagen.

So wie Kirschen und Plaumen gehören Äpfel zu den Rosengewächsen (Rosacea) und sind am Niederrhein, im Alten Land und in Südtirol eine bedeutende Tracht. Sind keine Apflebäume verfügbar, kann alternativ die Blattentfaltung der Stieleiche den Vollfrühling anzeigen (Ritter 2021).

Auch der Flieder blüht, wird aber eher nur bei feuchter Witterung von Insekten besucht.

Das Bild zeigt eine Apfelblüte (Boskoop) vomm05.04.2025 am Niederrhein. Nach dem phänologischen Kalender war noch gar kein Vollfrühling.

Abb. 2: Apfelblüte am 05.04.2025. Sie gehört zu einem Boskoop, den ich 1969 auf Schlehe veredelt hatte. Der Baum ist als Schnurbaum erzogen und steht an der Südseite einer geklinkerten Garage am Niederrhein. Tagsüber scheint die Sonnen schon kräftig, die Grünlandtemperatursumme ist 433 °Cd, In der Nacht vom 06.04.2025 auf den 07.04.2025 waren es nur -1 °C. Zuletzt blühte der schon alte Baum nur alle zwei Jahre, in 2025 allerdings das zweite Jahr in Folge. Vielleicht tun ihm die Bienen gut, die seit 2018 in seiner Nähe stehen.

Wildbienen im phänologischen Vollfrühling

Im Vollfrühling lassen die die Aschgraue Sandbiene (Andrena cineraria) und die Fuchsrote Sandbiene (Andrena fulva) beobachten.

Aussehen von Sandbienen: Weibchen sind mit 14 mm etwas größer als Männchen (11 mm). Der Thorax und das Gesicht  sind  weiß-gräulich behaart. Die Mittelbrust (Mesonotum) ist oft kahl oder dunkel behaart. Das Abdomen der Weibchen ist schwarz glänzend oder kann bläulich schimmern. Die Hinterbeine sind schwarz. Die hinteren Rückenplatten (Tergiten) der Männchen sind teils dunkel behaart.

Lebensweise von Sandbienen: Männliche Sandbienen schlüpfen etwas zeitiger im Frühjahr und wollen schnell, Weibchen zu begatten. Nach der Paarung graben Weibchen  60 cm tiefe Gänge in den Boden (oder nutzen  vorhandene Gänge). Der Aushub wird in Form von kleinen Klümpchen neben den Eingängen angehäuft. Die Nester haben  Seitengänge, die in Brutzellen enden. Die Brutzellen werden mit einem Gemisch aus Pollen und Nektar befüllt, darauf legt die Sandbiene ein Ei. Nach der Verpuppung schlüpfen die geschlechtsreife Insekten im Spätsommer, verbleiben jedoch den Winter über bis zum Frühjahr in den Brutzellen.
Erkennungsmerkmale von Sandbienen :

  • Der Körper ist häufig durch eine dunkle, bei manchen Arten metallisch glänzende Grundfarbe gekennzeichnet. Auffallend ist die breite und eckige Kopfform.
  • Die meisten Arten besitzen drei Cubitalzellen im Vorderflügel, wobei die erste am größten und die mittlere am kleinsten ist.
    Sandbienen sammeln Pollen mit einer Haarbürste an ihren Hinterbeinen. Charakteristisch für Weibchen ist zudem die Hüftlocke (Flocculus), ein langes, gebogenes Haarbüschel am Schenkelring (Trochanter). Außerdem ist im Vergleich zu anderen Gattungen die samtartig behaarte Eintiefung (Fovea facialis) entlang der Innenseiten der Facettenaugen deutlich zu sehen.
  • Männchen sind im Vergleich zu den Weibchen schlanker und besitzen im Gesicht eine helle Clypeus-Behaarung.

Hinweise zu den Nist – und Lebensgewohheiten von Sandbienen (Pro und Contra eines Sandariums findet man hier.

Abb. 3: Vermutlich eine Dicke Sandbiene (Andrena gravida). Das Bild wurde von einem Imkerkollegen in einer WhatsApp Gruppe aufgenommen.

Wo stehen wir heute im phänologischen Kalender?

Aus den Eintrittszeiten charakteristischer Vegetationsstadien kann das phänologische Jahr konstruiert und in einer sogenannten Phänologischen Uhr darstellt werden. Der Stand der Vegetationsstadien basiert auf Meldungen von Beobachtern,  Der Deutsche Wetterdienst sammelt die Beobachtungen und bereitet sie in einer phänologischen Doppeluhr auf (Abb. 2). Im äußeren Ring der phänologischen Doppeluhr ist der langjährige mittlere Verlauf der phänologischen Jahreszeiten dargestellt. Im Vergleich dazu ist der aktuelle Verlauf der phänologischen Jahreszeiten im inneren Ring abgebildet. Die Dauer einer phänologischen Jahreszeit (in Tagen) wird sowohl beim äußeren als auch beim inneren Ring direkt im Ring bzw. im jeweiligen Ringabschnitt angegeben. Der Deutsche Wetterdienst aktualisiert die phänologische Uhr wird einmal in der Woche am Dienstag.

Abb. 3: Die aktuelle phänologische Uhr. Quelle: Deutscher Wetterdienst

Wie verlief das letzte phänologische Jahr?

Abb. 4: Die phänologische Uhr für das vergangene Jahr. Quelle: Deutscher Wetterdienst

Anhang

Quellen zum Weiterlesen

Bienefeld, Kaspar (2005) Imkern Schritt für Schritt. Kosmos, Stuttgart.

Deutscher Wetterdienst (o.J) Phänologische Uhr. Online Ressource. https://www.dwd.de/DE/leistungen/phaeno_uhr/phaenouhr.html

Klein, Adelheit Maria (2023) Der Vollfrühling. In: bienen & natur 04/2023 S. 38-39

Neff, Mirja (o.J.) Wildbienengarten. Online Ressource, https://www.wildbienengarten.de/wildbienen/wildbienen-im-jahresverlauf/

Pohl, Friedrich (2017) 1×1 des Imkerns – Das Praxisbuch. Kosmos, Stuttgart.

Ritter, Wolfgang (2014) Bienen naturgemäß halten. Ulmer, Hohenheim.

Ritter, Wolfgang, Schneider-Ritter, Ute (2021) Das Bienenjahr – Imkern nach den 10 Jahreszeiten der Natur. 1. korrigierter Nachdruck. Hohenheim. Insbes. S. 68-87

Glossar

Apfel

Der Apfel gehört zur Familie der Rosengewächse (Rosaceae) und zur Gattung der Kernobstgewächse (Malus). Mit über 30.000 verschiedenen Sorten variiert der Apfel in Geschmack, Größe und Farbe. Ursprünglich stammt der Kulturapfel aus Zentralasien und ist ein Symbol für Gesundheit, Wissen und Versuchung. Es gibt eine Vielzahl von Züchtungen und Sorten:

Klassische Apfelsorten:

Elstar: Ein süß-säuerlicher Apfel mit knackiger Schale, ideal zum Snacken.

Braeburn: Fruchtig-süß und würzig, oft für Salate und zum Kochen verwendet.

Jonagold: Groß und saftig, eine Mischung aus süß und säuerlich.

Alte Apfelsorten:

Boskop: Sehr aromatisch und eher säuerlich bis bitter – gut für Kuchen in Kombination mit Zimt.

Cox Orange: Ein kleiner, feiner Apfel mit außergewöhnlichem Aroma.

Gravensteiner: Beliebt für seinen intensiven Geschmack, aber weniger lagerfähig.

Goldrenette von Blenheim:  Bekannt als Blenheim Orange. Eine historische Apfelsorte, die um 1740 in Woodstock, Oxfordshire, England, entdeckt wurde. Sie zeichnet sich durch ihre großen bis sehr großen Früchte aus, die eine gelblich-orange Grundfarbe haben und oft rötlich marmoriert sind3. Das Fruchtfleisch ist saftig, mildsäuerlich und hat ein nussartiges Aroma.

Regionale Besonderheiten:

Calville Blanc: Eine historische Sorte aus Frankreich, bekannt für ihre Verwendung in feinen Desserts.

Berlepsch: In Deutschland geschätzt, reich an Vitamin C und vollmundig im Geschmack.

Neue Züchtungen:

Pink Lady: Süß und knackig, mit leuchtend rosafarbener Schale.

Honeycrisp: Sehr saftig und süß, ideal für frischen Verzehr.

Jazz: Eine moderne Mischung aus Süße und Säure, mit fester Textur.

Spezielle Verwendungen:

Gala: Süß und mild, oft in Smoothies oder für Kinder geeignet.

Granny Smith: Knackig, säuerlich, eine beliebte Wahl für Apfelkuchen.

Fuji: Süß und sehr knackig, besonders beliebt in Asien.

Autor und Lizenz

Autor: Prof. Dr. rer. nat. Claus Brell, aktuelle Projekte: Biene40, Steel4Bees
Lizenz: CC BY

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