Phänologisch Imkern im Vorfrühling ist ein Beitrag in der zehnteiligen Serie zur Bienenhaltung nach dem phänologischen Kalender. Mit dem Beginn des Vorfrühlings werden auch die Honigbienen wieder aktiv.
Das Titelbild zeigt gelben Krokus am Niederrhein, der in 2024 am 6. Februar zu Blühen begann. Erste Haselblüten an geschützten Standorten waren bereits am 24. Januar zu sehen (Abb.1)
18.02.2024
Andere Beiträge der Serie:
Phänologisch imkern im Erstfrühling
Weitere folgen.
Übersicht Vorfrühling
In den ersten beiden Abschnitten erfahren Sie, was Bienen im Vorfrühling tun und welche Aufgaben auf die Imkerin und den Imker zukommen. Weiter hintern sehen Sie, wie sich das phänologische Jahr gliedert, wie das letzte Jahr war und wo wir aktuell stehen im Jahresverlauf. Auch die Wildbienen werden angesprochen, hier die Blauschwarze Holzbiene.
Was tun Bienen im Vorfrühling?
Reinigungsflüge
Die Reinigungsflüge häufen sich. Kranke Bienen kehren von ihern Reinigungsflügen nicht zurück – das ist für die Gesundheit des Biens sehr wichtig. Durch die Aktivitäten der Bienen löst sich die Wintertraube zumindest tagsüber auf. Der Energiebedarf der Honigbienen steigt.
Polleneintrag
An der Haselblüte finden die Bienen nun Pollen und die Arbeiterinnen kehren mit hellbraunen Pollenhöschen an den Hinterbeinen von ihren Sammelflügen zurück.
Intensivierung des Brutgeschäftes
Nachdem die Bienen oft schon nach der Wintersonnenwende wieder mit dem Brutgeschäft angefangen haben, wird es nun verstärkt. Die Königin bestiftet mehr Zellen und das Brutnest dehnt sich aus. Das Bienenvolk ist auf ein schnelles Wachstum angewiesen, um quasi den Krankheitsverursachern (Varroa, Nosema, in seltenen Fällen und wenn nicht mit Ameisensäure behandelt wurde Tracheenmilbe) durch die eigene Vermehrungsrate davonzueilen.
Was tun Imker im Vorfrühling?
Es kommt auf die Betriebsweise und die Region an, das Imker nun tun.
Bienen bis zur Salweide in Ruhe lassen
Ritter empfiehlt, die Völker im Vorfrühling bis zur Blüte der Salweide nicht zu stören.
Flugloch beobachten
Eine störungsfreie Möglichkeit ist die Fluglochbeobachtung. Fliegen die Bienen ungestört ein und aus und haben sie Pollen an den Hinterbeinen, ist vermutlich kein weitere Handlungsbedarf. Finden sich Kotspritzer direkt am Flugloch, so kann eine Durchfallerkrankung vorliegen.
Vereinzelt können Drohnen gesichtet werden – das ist kein Warnsignal. Gibt es sehr viele Drohnen, kann das Volk drohnenbrütig sein und sollte aufgelöst werden.
Ist am Flugloch keine Aktivität zu beobachten, auch wenn Flugwetter (über 12°C, Windstill, trocken) herrscht, ist nicht ausgeschlossen, dass das Volk nicht mehr lebt. Eine Klopfprobe, die nicht von den Bienen beantwortet wird, wäre ein weiteres Indiz. In diesem Fall besteht Handlungsbedarf.
Tote Völker bienensicher verschließen
Ist ein Volk verstorben, so ist es bienensicher zu verschließen, besser noch abzuräumen. Ein offenes, totes Volk wird schnell ausgeräubert, und die Räuberbienen importieren sich ggf. dann die Todesursache.
Gemüll beobachten
Eine weitere Störungsfreie Beobachtungsmethode bietet bei einem mit Gitter offenem Boden der Varroaschieber. Zuckerkristalle sind ein Indiz für Wassermangel. Helle Wachsdeckel zeigen einen hohen Futterverbrauch an, dunkle Wachsreste stammen von Brutzellen und zeigen an, dass nun neue Bienen schlüpfen.
Schiede versetzen
Manche Imker versetzen jetzt in Großraumbeuten die (Thermo-) Schiede so, dass die Königin auf ein kleines Areal, z.B. drei bis fünf Rähmchen (bei Dadant), beschränkt wird. Dadurch wird das Brutnest kompakt und leere Zellen werden nicht mit Pollen gefüllt, da die Königin sie schnell wieder bestiftet. Die Bienen haben weniger Aufwand, das Brutnest sicher auf Temperatur zu halten. Aus bei konstanter Temperatur aufgezogener Brut schlüpfen gesunde, leistungsfähige Bienen.
Sind während der Saison (sehr) viele Pollenzellen im Brutnest, ist das Brutnest zu ausgedehnt. Bienen in einem engen Brutnest mit kleinem Pollenkranz neigen weniger zum Schwärmen (Klein, 2004; Jürgen Binder, persönliche Mitteilung 2023. Youtuber Gottfried Selmaier arbeitet gleich mit drei Thermoschieden).
Futterkontrolle
Bei Regentagen oder einem Kälteeinbruch fliegen die Bienen nicht und können auch keinen Nektar holen. Ein Wirtschaftsvolk sollte im Vorfrühling noch etwa 6 kg Futter haben – mehr schadet nicht. Methoten zur Futterkontrolle sind im Beitrag für den Winter angegeben.
Wie funktioniert der phänologische Kalender im Vorfrühling?
Phänologie
Die Phänologie befasst sich mit den im Jahresablauf periodisch wiederkehrenden Wachstums- und Entwicklungserscheinungen der Pflanzen. Da Pflanzen keinen Kalender haben, orientieren sie sich am Temperaturverlauf („Wärmesummen„) und an den Lichtverhältnissen im Jahr. Phänologen unterscheiden – statt vier – zehn Jahreszeiten, vom Vorfrühling, Erstfrühling und Vollfrühling bis hin zum Winter. Das Wort „Phänologie“ stammt aus dem Griechischen und bedeutet wörtlich übersetzt „Lehre von den Erscheinungen“. Die Entwicklung bestimmter Zeigerpflanzen wie Schneeglöckchen, Haselnuss, Holunder und Eiche definiert den phänologischen Kalender und bestimmt den Wechsel der phänologischen Jahreszeiten.
Wodurch ist der phänologische Vorfrühling gekennzeichnet?
Der phänologische Vorfrühling ist an kein festes Datum gebunden. Die Phänologie erfasst den Jahreslauf nach periodisch wiederkehrenden Erscheinungen wie dem Entwicklungsstand der Pflanzen. Phänologischer Vorfrühling ist der Zeitraum zwischen Beginn der Haselblüte (Abb. 1) und Beginn der Forsythienblüte. Im langjährigen Mittel startet der Vorfrühling nach dem 10. Februar. In 2024 startete der Vorfrühling am 29. Januar. Der Vorfrühling dauert im Durchschnitt 37 Tage, deckt somit die Zeit bis Ende März ab.
Im Vorfrühling blühen Haselnuss, Erle, Schneeglöckchen, Krokus, Pestwurz, Märzenbecher und insbesondere Salweide, die ein sehr guter Pollen- und Nektarspender ist.
Abb. 1: Haselnussblüte in Herrenshoff zwischen Willich und Mönchengladbach, in 2024 schon am 24. Januar. Der Standort ist ein Pumpengelände mit vielen hohen Sträuchern.
Wildbienen im phänologischen Vorfrühling
Für Wildbienen und Hummeln fängt die Saison früh an, für viele hört sie auch früh auf. Die Blauschwarze Holzbiene (Xylocopa violacea), Wildbiene des Jahres 2024, ist eine der ersten Wildbienen des Frühjahrs in warmen Weinbaugegenden. Zu erwarten sind auch gehörnte Mauerbienen (Osmia cornuta) und Erdhummeln (Bombus terrestris).
Abb. 2: Eine blauschwarze Holzbiene auf einem blauen Krokus. Das Bild wurde am 16.02.2024 in Altwiesloch aufgenommen, Danke an Honigmanufaktur – TheHoneyBees Altwiesloch. In Holz nagen sie in stundenlanger Arbeit fingerdicke, bis zu 30 Zentimeter lange Gänge. Schon im Juli schlüpft die nächste Holzbienengeneration.
Wo stehen wir heute im phänologischen Kalender?
Aus den Eintrittszeiten charakteristischer Vegetationsstadien kann das phänologische Jahr konstruiert und in einer sogenannten Phänologischen Uhr darstellt werden. Der Stand der Vegetationsstadien basiert auf Meldungen von Beobachtern, Der Deutsche Wetterdienst sammelt die Beobachtungen und bereitet sie in einer phänologischen Doppeluhr auf (Abb. 1). Im äußeren Ring der phänologischen Doppeluhr ist der langjährige mittlere Verlauf der phänologischen Jahreszeiten dargestellt. Im Vergleich dazu ist der aktuelle Verlauf der phänologischen Jahreszeiten im inneren Ring abgebildet. Die Dauer einer phänologischen Jahreszeit (in Tagen) wird sowohl beim äußeren als auch beim inneren Ring direkt im Ring bzw. im jeweiligen Ringabschnitt angegeben. Der Deutsche Wetterdienst aktualisiert die phänologische Uhr wird einmal in der Woche am Dienstag.
Abb. 2: Die aktuelle phänologische Uhr. Quelle: Deutscher Wetterdienst
Wie verlief das letzte phänologische Jahr?
Abb. 3: Die phänologische Uhr für das vergangene Jahr. Quelle: Deutscher Wetterdienst
Anhang
Quellen zum Weiterlesen
Alles, Ralf (2024) Thermoschiede selbst gebaut. In: bienen & natur 02/2024 S. 25
Bienefeld, Kaspar (2005) Imkern Schritt für Schritt. Kosmos, Stuttgart.
Deutscher Wetterdienst (o.J) Phänologische Uhr. Online Ressource. https://www.dwd.de/DE/leistungen/phaeno_uhr/phaenouhr.html
Klein, Adelheit Maria (2024a) Schieden im Jahresverlauf. In: bienen & natur 02/2024 S. 20-23
Klein, Adelheit Maria (2024b) Ein oder zwei Schiede? In: bienen & natur 02/2024 S. 24
Nabu (o.J.) Schillernde Schönheit mit einer Vorliebe für Holz – Die Blaue Holzbiene (Xylocopa violacea) im Porträt. online Ressource. https://www.nabu.de/tiere-und-pflanzen/insekten-und-spinnen/hautfluegler/bienen/24333.html
Pohl, Friedrich (2017) 1×1 des Imkerns – Das Praxisbuch. Kosmos, Stuttgart.
Ritter, Wolfgang (2014) Bienen naturgemäß halten. Ulmer, Hohenheim.
Ritter, Wolfgang, Schneider-Ritter, Ute (2021) Das Bienenjahr – Imkern nach den 10 Jahreszeiten der Natur. 1. korrigierter Nachdruck. Hohenheim. Insbes. S. 24-43
Videos
Selmaier, Gottfried („Der Bienen Bastler“) Dadant die Serie (11) Schieden im Dezember. Video auf youtube. https://www.youtube.com/watch?v=hWSbYS5fPHg (Das ist noch vor dem Vorfrühling, erklärt aber das Arbeiten mit mehreren Schieden sehr schön)
Glossar
Schied
Ein Schied „scheidet“ die Beute in zwei Bereiche – vor und hinter dem Schied. Ein Schied kann veschiedene Bauformen haben und wird statt eines Rähmchens in dei Beute eingehangen. Manche Imker benutzen die Futtertaschen als Schiede.
Thermoschied, Wärmeschied
Ein Wärmeschied ist ein isoliertes Brett in der Größe eines Rähmchens. Wenn das Schied keine Trennfunktion haben soll, können es die Bienen es frei umlaufen und der beespace wird eingehalten.
Trennschied
Ein Trennschied teilt eine Beute bienendicht. Bienen können es nicht umlaufen. Es wird z.B. dazu verwendet, um zwei Bienenvölker (Ableger) in einer Beute zu halten.
Autor und Lizenz
Autor: Prof. Dr. rer. nat. Claus Brell, aktuelle Projekte: Biene40, AI4Bee
Lizenz: CC BY
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