Bienensound mit einem Vibrationssensor in der Mittelwand

Bild zeigt einen Vibrationssensor auf einer geprägten Mittelwand im Rähmchen. Damit sollen Bienen-Vibrationen direkt im Brutnest detektiert werden im Projekt Biene40, Prpf. Dr. Claus Brell

Neuere Arbeiten deuten darauf hin, dass aus niederfrequenten Schallereignissen im Bienenstock auf einen bevorstehenden Schwarmakt geschlossen werden kann. Bislang wurden Frequenzen unter 30 Hz allerdings vernachlässigt.Diese Forschungslücke wollen wir mit dem Vibrationssensor in der Mittelwand schließen und erproben Vibrationssensoren speziell für den Infraschallbereich. Luftschallmikrofone, die in einen Bienenstock passen und dabei den beespace einhalten, sind für tiefe Frequenzen ungeeignet. Daher setzen wir auf eine direkte Ankopplung an Brutwaben und nehmen den Körperschall auf.

Für die Aufnahmen ist die gängige Audiotechnik nicht geeignet, basierend auf leistungsstarken Microcontrollern entwicklen wir eine neuartige Technik für Frequenzen in nicht-hörbaren Bereich hinab bis zu 0,1 Hz. 

Die Einbringung der Sensoren ist nicht trivial, da Bienen wenig Freude an den Fremdkörpern entwickeln und die Sensoren freilegen.

Stand 14.10.2023

Zitierung: Brell, Claus (2023) Bienensound mit einem Vibrationssensor in der Mittelwand. Online-Ressource, https://cbrell.de/blog/bienensound-mit-einem-vibrationssensor-in-der-mittelwand/

Ausgangslage

Forschungsarbeiten um Schallereignisse in Bienenstöcken bis heute adressieren vornehmlich hörbaren Schall. Dabei wurden Frequenzen um 190 Hz – Fächeln der Bienen zur Kühlung des Bienenstocks (WOODS 1957, MESSELKEN et. al. 2023a,b), um 235 Hz – Heizen und wärmen der Brut mit der Flugmuskulatur ohne Flügelbewegung (STABENTHEINER et al 2021), und Frequenzen um 530 Hz – Tuten und Quaken als Kommuinikationsmittel von frisch geschlüpften Königinnen mit ungeschlüpften Königinnen gut und ausreichend untersucht. Neuere Arbeiten vermuten, dass Vibrationen um 20 Hz in Verbindung mit hörbaren Schallereignissen (Murmeln und Trällern) geeignet sind, Schwarmvorbereitungen zu detektieren.

Abb. 1: Vibrationssenor in der Brutwabe nach Ramsey et. al. (2020). Der Sensor ist nachträglich in eine Brutwabe eingebracht.

Abb. 2: Voluminöse Aufnahmetechnik nach Kiromitis et. al. (2022). Alle Komponenten sind in der Beute untergebracht.

Ziel

Ziel der Untersuchungen – im Rahmen der Projekte Biene40 und AI4Bee – ist es, eine einfache und praktisch in der Imkerei einsetzbare Technik bereitzustellen, die die bisherigen Limitierungen umgeht und folgende Eigenschaften hat:

  • Die Sensoren sind mit den Umweltbedingungen im Bienenstock verträglich und verlieren nicht nach wenigen Wochen ihre Funktion.
  • Die Sensoren überstehen eine Ameisensäurebehandlung.
  • Die Sensoren sind geeignet, auch tiefe Frequenzen bis 0,1 Hz zu detektieren.
  • Die Sensoren sind klein genug, so dass sie in gängige Beuten passen und sie halten den beespace ein.
  • Die Technik ist preiswert.
  • Die Technik ist einfach und kann leicht am Stand eingesetzt werden.

Erwartete Ergebnisse

1. Es existieren Erkenntnisse, ob die Art der Einbringung von Vibrationssensoren von den Bienen angenommen wird
2. Es existieren Erkenntnisse, ob das Signal aus der Brutwabe oder aus der Seitenwange eine deutliche Verbesserung gegenüber anderen Montagearten (Im Deckel, auf dem Oberträger, auf dem Varroaschieber) darstellt
3. Es gibt einen Datensatz von Vibrationsdaten bis in den Infraschallbereich (bis ca 5 Hz)
4. Aus den Messungen werden Empfehlungen für die Anbindung von Vibrationssensoren im Bienenstock abgeleitet.
5. Es wird eine Abschätzung der Akzeptanz einer solchen Sensorien bei Imkern im praktischen Betrieb gegeben.

Methode und Konzept für den Vibrationssensor in der Mittelwand

Um die Vibrationen dort aufzunehmen, wo sie entstehen, soll ein Vibrationssensor direkt in der Brutwabe eingebracht werden.

Es wird ein Vibrationssensor in Form eines Kristall-Druckwandlers mit Impedanzwandler in eine Wabe eingebracht.
Die Bienen bauen die Wabe an den Sensor und um den Sensor herum.
Der Sensor wird somit integraler Bestandteil der Wabe (die Hoffnung ist, dass dadurch Vibrationserscheinungen der Bienen durch die Wabe als Körperschall direkt auf den Sensor übertragen werden.)
In einer weiteren, späteren Variante: Ein weiterer Sensor wird als Referenz in eine Seitenwange des Rähmchens eingebracht (Vermutlich wird an dieser Stelle nur beim Ausbau der Wabe das Rämchen mit den Mandibeln bearbeitet, so dass diese Geräusche später nicht mehr die gewünschten Signale überdecken.)
Die Waben werden bereits im Herbst 2023 vor der Untersuchung von den Bienen vorbereitet. Dazu wird das vorbereitete Rähmchen zunächst in den Honigraum gehangen, die Bienen erhalten Zuckerwasser 1:1 zur Beförderung des Ausbaus.
Das Rähmchen erhält einen Vibrationssensor mitten in der Wabe, dazu werden zwei Mittelwände parallel mit dem Sensor dazwischen eingebracht (Abb. 3)

Bild, dass das Konzept der Vibrationsmessung direkt in der Bienenwabe zeigt

Abb. 3: Schemazeichnung für die Einbringung von Vibrationssensoren in Brutwaben. Zu sehen ist das Rähmchen (holzfarben) mit Vibrationssensoren (blau) und zwei Mittelwänden (gelb). Der Sensor, der am Oberträger hängt, wir zwischen den Mittelwänden eingeklemmt.und mit einem Tröpfchen Wachs fixiert. Der zweite Sensor wird bündig in die Seitenwange des Rähmchens geklebt. Beide Sensoren werden separat aufgenommen..

Ablauf der Untersuchung

Am 11.10.2023 wird die Sensorwabe in ein Testvolk (Mini Plus Überwinterung, zweizargig, obere Zarge durch Absperrgitter getrennt) eingebracht. Das Volk brütet und hat wenig Vorräte, begleitend wird gefüttert mit  3 Liter Zuckerwasser 1:1 alle drei Tage, um den Bautrieb anzuregen.

Mit dem Einbau werden alle 15 Minuten 10 Sekunden Sounddateien mit dem Vibrationssensor aufgenommen. Begleitend werden die Temperaturen am Flugloch und an zwei Stellen in der Brutzarge mit geschrieben.

Die Sounddateien werden hinsichtölich ihrer Maximalamplitude und iherer Durchschnittsamplitude automatisiert ausgewertet.

Die erste Kontrolle erfolgt nach drei Tagen am 14.10.2023, ob die Bienen die Sensorwabe ausgebaut haben.

Erste Ergebnisse

Konstruktion der Sensor-Waben

Abb. 4: Vibrationssensor vom 10.10.2023, vorbereitet für den Einbau in der Mittelwand

Abb. 5: Sensor, für Bienen attraktiv in Wachs eingebettet

Messungen und Beobachtungen

Sound-Beispiel (noch hörbarer Schall): Füßchentrappeln und Knuspern an der Wabe

Abb. 6: Vibrationssensor in der Mittelwand (oben, Mitte). Die Wabe mit dem integrierten Sensor wird bebaut. Allerdings legen die Bienen den Vibrationssensor frei. Das Bild zeigt die Rückseite, hier war zum Start eine durchgängige Mittelwand eingelötet.

Vorläufiges Fazit

Die ersten Audio-Aufnahmen des Sensors in der Wabe sind vielversprechend. Ob die Bienen den Sensor langfristig akzeptieren bleibt abzuwarten

Anhang

Quellen

Kiromitis, Dimitrios I., Christos V. Bellos, Konstantinos A. Stefanou, Georgios S. Stergios, Thomas Katsantas, and Sotirios Kontogiannis (2022). „Bee Sound Detector: An Easy-to-Install, Low-Power, Low-Cost Beehive Conditions Monitoring System“ Electronics 11, no. 19: 3152. https://doi.org/10.3390/electronics11193152

Messelken, M.; Wurm, J.; Brell, C. (2023a) Honigbienen im Hitzestress – Messungen und Maßnahmen. Buckfast Bienen Bayern 1/2023

Messelken, Marco; Wurm, Julia; Brell, Claus (2023) Temperaturmessungen im Bienenstock – das Projekt Biene40. In: Entomologie heute 34 (2023): 17-24. IM DRUCK

Ramsey, MT., Bencsik, M., Newton, M.I. et al. (2020) The prediction of swarming in honeybee colonies using vibrational spectra. Sci Rep 10, 9798 . https://doi.org/10.1038/s41598-020-66115-5. online abrufbar unter https://www.nature.com/articles/s41598-020-66115-5#citeas

Stabentheiner A, Kovac H, Mandl M, Käfer H. (2021) Coping with the cold and fighting the heat: thermal homeostasis of a superorganism, the honeybee colony. J Comp Physiol A Neuroethol Sens Neural Behav Physiol. 2021 May;207(3):337-351. doi: 10.1007/s00359-021-01464-8. Epub 2021 Feb 17. PMID: 33598719; PMCID: PMC8079341

WOODS Edward Farrington (1957) Means for detecting and indicating the activities of bees and conditions in beehives. US patent 2806082A, published 1957-09-10, issued 1957-09-10

Internetverweise

youtube Video, dass  den Klang aus der noch uneingebauten Wabe zeigt: https://youtube.com/shorts/3V_hlhzoQtU?si=j76eG8Uyd4dQD3lF

Youtube Video zum Bienensound am Einflugloch mit einem als Fluglochkeil ausgeführtem Sensor.

Beitrag, der unterschiedliche USB-Audiadapter für den Betrieb z.B. mit dem Raspberry Pi beschreibt: https://cbrell.de/blog/usb-audio-adapter-test-fuer-sound-aus-dem-bienenstock/

Glossar

Beespace

Der Beespace ist ein Konzept in der Imkerei, das die optimale Spaltweite, z.B. den Abstand zwischen Rahmen und Deckeln beschreibt. Der Beespace ist in der Regel auf etwa 6 bis 9 Millimeter (etwa 1/4 bis 3/8 Zoll) eingestellt. Wenn der Abstand zwischen Teilen im Bienenstock kleiner ist, neigen die Bienen dazu, diesen Raum mit Propolis (einem von Bienen produzierten Harz) zu füllen, was die Arbeit des Imkers erschwert. Wenn der Raum zu groß ist, verbauen die Bienen diesen zusätzlichen Raum mit Wachs und versuchen Waben anzulegen.

Danksagung

Die Untersucht fand im Rahmen des Projektes „Biene40 – vernetzte Sensoren für vitalere Bienen“ statt. Das Projekt wird gefördert vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) in der Förderlinie .

Kombilogo der Förderer BMEL und BLE im Projekt Biene40

Abb. 7: Förderlogo

Biene40 ist eines von 16 geförderten Projekten, die unter der Vernetzungs- und Transfermaßnahme Beenovation zusammengefasst werden.

Autor und Lizenz

Autor: Prof. Dr. rer. nat. Claus Brell, aktuelle Projekte: Biene40AI4Bee
Lizenz: CC BY

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