Zucker, Sirup, Bienenfutter – was ist das und warum soll Imker das wissen

Das Bild zeigt Honigbienen an einer Futtertasche mit Zuckersirup.

Zum Vortrag „Zucker, Sirup, Bienenfutter, Honig – was ist das und warum soll Imker das wissen“ finden Sie hier die Internetseite zum Nachlesen. Der Vortrag hat seine Premiere am 04.09.2024 beim Imkerverein Viersen Stadt. Ziel dieses Beitrages ist, Informationen insbesondere für die imkerliche Praxis aufzubereiten.
Das Titelbild zeigt Bienen, die gerade 1,7 Liter selbstgemachten Invertzuckersirup bekommen haben. Die Bienen nehmen auch Mitte Oktober das Futter gerne noch ab. 

Stand: 15.10.2024

Was ist Zucker?

Zucker besteht aus Kohlenstoff, Sauerstoff und Wasserstoff, schmeckt süß und liefert schnell Energie. Menschen mögen daher Schokolade, Kuchen und süßes Obst. Für Bienen ist Zucker bedeutend und wichtig, sie brauchen Zucker als Treibstoff zum Fliegen und als Energieträger zu Heizen.

Zucker ist ein sogenanntes Kohlenhydrat und kommt in ganz vielen Formen in der Natur vor (siehe Abb. 1). Die wichtigen Zuckerarten für Bienen sind Haushaltszucker (=Sachharose), Traubenzucker (=Glukkose oder Glucose, =Dextrose) ud Fruchtzucker (=Fruktose oder Fuctose).

Es gibt auch Malzzucker (Maltose), Melezitose, die für Zementhonig verantwortlich ist, HMF, das aus Fruchtzucker entstehen kann, fur Bienen schädlich und für Menschen unschädlich ist.

Wie entsteht Zucker?

Nur Pflanzen können Zucker (und andere Kohlenhydrate wie Stärke) erzeugen, Tiere inkl. Bienen und  Menschen können lediglich einige Kohlenhydratarten ineinnander umformen.

Die Pflanze benötigt Energie in Form von Sonnenlicht, Wasser (H2O) aus dem Boden und Kohlendioxod (CO2) aus der Luft und kann daraus Glukose bauen. Dabei bleibt Sauerstoff (O2) übrig. Die Glukose baut die Pflanze teilweise in Fruktose und Saccharose um. Daraus wiederum baut die Pflanze langkettige Kohlenhydrate wie Stärke und Cellulose. Die Stärke ist für die Pflanze das, was für die Biene Honig ist, nämlich „Futtervorrat“. Cellulose ist  für die Pflanze das, was für die Biene Chitin ist, nämlich festes Baumaterial für Stämme und Äste bzw der Panzer bei Insekten. Wirbeltiere und Menschen verwenden dazu Eiweiß und Kalk und bauen daraus Knochen.

Glukose, Fruktose und Saccharose transportiert die Pllanze zu ihren Nektarien und scheidet dann eine Zuckerlösung, genannt Nektar, aus. Damit macht sie sich für Insekten attraktiv, die beim Abholen des Nektars automatisch für die Bestäubung sorgen (Abb. 2).

Es gibt Pflanzen, die auch Zucker zur Vorratsspeicherung nutzen. Zu diesen Pflanzen gehört die Zuckerrübe, die heutigen Sorten können bis zu 20 Gewichtsprozent Saccharose im Wurzelknollen speichern (Abb. 3).

Wie werden Zuckerarten ineinander umgewandelt?

Um Zuckerarten ineinander oder z.B. Stärke in Zucker umzuwandeln, ist oft die Anwesenheit von Enzymen erforderlich.

Das Enzym Amylase kann Stärke in Zucker umwandeln. Beim Menschen ist Amylase  in Form von Alpha-Amylase (Ptyalin) im Speichel. Die Biene kann das nicht.

Haushaltszucker (Saccharose) kann in leicht sauerer Umgebung im Beisein des Enzyms Invertase in Fruchtzucker (Fruktose) und Traubenzucker (Glukose) zerlegt werden. Das kann die Biene sehr gut. Die Biene macht aus Nektar und von Menschen gegebenen Futter eine fast reine Traubenzucker-Fruchtzucker-Lösung, die heißt dann nach einem Reifungsprozess Honig (Abb. 5).

Welche Eigenschaften haben die Zuckerarten?

Alle Zuckerarten schmecken süß, alle Zuckerarten lassen sich – unterschiedlich – gut in Wasser lösen (Abb. 3).

Haushaltszucker (Saccharose)

Saccharose ist ein Doppelzucker (Disaccharid), Ein Molekül Sachcharose besetht aus einem Molekül Glukose und einem Molekül Fruktose. Saccharose löst sich sehr gut in Wasser, mit einem Kilogramm Wasser können zwei Kilogramm Saccharose aufgelöst werden. Das ergibt eine Lösung von 66% (Gewichtsprozent)

Traubenzucker (Glukose)

Glukose ist ein sogenannter Einfachzucker (Monosaccharid). Glukose ist der „Brennstoff“ für Nervenzellen und für Muskeln. Alle Tiere und Menschen müssen andere Zuckerarten erst in Glukose umwandeln, um sie direkt in gehirn und Muskulatur nutzen zu können. Glukose kann mit 0,47kg in 1kg Wasser gelöst werden. Glukose kristallisiert schnell aus (Abb. 7).

Fruchtzucker (Fruktose)

Fruktose ist ein sogenannter Einfachzucker (Monosaccharid). Fruktose kann bei Säugetieren und bei menschen nur in der Leben weiter verstoffwechselt werden. Fruktose hat praktische technische Eigenschaften. Fruktose löst sich mit 0,79kg in ein kg Wasser gut. Man kann übersättigte Fruktose-Lösungen herstellen, die nicht auskristallisieren. Fruktose zieht Wasser an. Dqher ist Fruktose ein gutes Feuchthaltemittel. Honig mit einem hohen Fruktoseanteil bleibt flüssig und kristallisiert kaum aus (Abb. 6)

Glukose-Fruktose-Gemisch

Glukose-Fruktose-Sirup

Eine Zucker-Wasser-Lösung, die die Zuchersorten Glukose und Fruktose enthält und dabei einen höheren Anteil Glukose als Fruktose aufweist, heißt Glukose-Fruktose-Sirup.

Fruktose-Glukose-Sirup

Eine Zucker-Wasser-Lösung, die die Zuchersorten Glukose und Fruktose enthält und dabei einen höheren Anteil Fruktose als Glukose aufweist, heißt Fruktose-Glukose-Sirup.

Invertzuckersirup

Invertzuckersirup besteht aus den drei Zuckerarten Saccharose, Glukose und Fruktose. Invertzucker heißt Invertzucker, weil er die Polarisattionsrichtung des durchfallenden Lichtes in die entgegengesetzte (inverse) Richtung dreht wie Zucker. Invertzuckersirup einen höheren Trockensubstanzgehalt (72%) als Flüssigzucker (gesättigte Lösung aus Haushaltszucker mit 66%Zucker). Der Anteil von Saccharose in Invertzuckersirup kann zwischen 50% und 0% liegen.

Wie stelle ich Bienenfutter her?

Zuckerwasser 1:1 mit Haushaltszucker

Zuckerwasser 1:1 lässt sich einfach in einem leeren Kanister herstellen. in einen 10 Liter Kanister gibt man 4 kg Zucker und 4 Liter zimmerwarmes Wasser und schüttelt ordentlich. Die Lösung sollte eine halbe Stunde stehen und dann wieder geschüttelt werden. Nach drei Wiederholungen sollte sich der Zucker vollständig gelöst haben.

Zuckerwasser 1:2 (66%) mit Haushaltszucker

Zuckerwasser 66% lässt sich auch in einem leeren Kanister herstellen, allerdings muss mehr geschüttelt werden und es ist günstiger, mit warmen Wasser zu starten. in einen 10 Liter Kanister gibt man 6 kg Zucker und 3 Liter 70°C warmes Wasser und schüttelt ordentlich. Die Lösung sollte eine viertel Stunde stehen und dann wieder geschüttelt werden. Nach einigen Wiederholungen sollte sich der Zucker fast vollständig gelöst haben (Abb. 3).

Invertzuckersirup mit bis zu 75% Zuckeranteil mit Haushaltszucker und Invertase

Zunächst stellt man Zuckerwasser 1:2 her wie beschrieben und lässt die Mischung auf unter 45°C abkühlen. Dann fügt man je kg Zucker 1g Invertase (alte Bezeichnung: Invertin) hinzu. Die Invertierung gelingt deutlich schneller im leicht sauren Bereich, mit etwas Zitronensäure kann man den PH-Wert auf 4 einstellen. Nun kann man noch weitere 3 kg Zucker eirieseln lassen. Die Invertierung dauert mindestens 24 Stunden, währen dieser Zeit muss die Lösung immer wieder geschüttelt werden.

Bienenfuttersirup aus Stärke

Bienenfuttersirup (Maissirup) wird industriell aus Maisstärke hergestellt. Die Maisstärke wird in zwei Schritten mit Enzymen zunächst in Glukose und dann in eine Glukose / Fruktosegemisch umgewandelt. Der Maissirup enthält keine Saccharose. Der Gesamtzuckergehalt beträgt etwa 73%.

Was ist Kunsthonig?

Kunsthonig (muss heute Invertzuckercreme heißen) ist eine zähe Masse aus invertierter Saccharose, die so ähnlich aussehen und schmecken soll wie Bienenhonig. Kunsthonig hat heute nur noch wenig wirtschaftliche Bedeutung.

Bilder und Tabellen

Bold zeig die Vielfalt der Anwendung von Kohlenhydraten in der Natur

Abb. 1:Relevanz der Kohlenhydrate, zu denen auch Zucker gehört, in der Natur. Neben Zucker, aus dem Bienenfutter hergestellt werden kann, bestehen auch das Holz der Bäume (Zellulose) und der Panzer von Insekten (Chitin) aus Kohlenhydraten.

Skizze mit Sonne, Blümchen und Biene, Visualisierung der Nektarproduktion in der Pflanze

Abb. 2: Produktion von Nektar in Blühpflanzen. Die Pflanze benötigt zur Nektarherstellung Energie in Form von Sonnenlicht, Kohlendioxid (CO2) aus der Luft und Wasser (H2O) vornehmlich aus dem Boden. Im ersten Schritt stellt die Pflanze daraus Glukose her. In weiteren Schritten wird die Glukose in verschiedene andere Zuckersorten umgesetzt. Das macht die Pflanze mit Hilfe von Enzymen. Die Zuckerzusammensetzung im Nektar (Saccharose, Glukose, Fruktose und in geringen Anteilen andere Zucker) ist pflanzentypisch und unterschiedlich. Die Pflanze scheiden den Nektar über eigene Drüsen, die sog. Nektarien, aus.

Das Bild zeigt eine stilisierte Zuckerrübe und die Produktion von Haushaltszucker aus Kohlendioxid und Wasser.

Abb. 3: Produktion von Saccharose als Energiespeicher in Zuckerrüben. Während Pflanzen wie Kartoffeln Energie in Form von Stärke in der Knolle speichern, setzt die Zuckerrübe auf Doppelzucker (Haushaltszucker, Saccharose). Wie Blühpflanzen bei der Nektarproduktion benötigt die Rübe dazu Energie in Form von Sonnenlicht, Wasser aus dem Boden und Kohlendioxid aus der Luft. Die Züchtungen der Zuckerrübe speichern bis zu 20% ihres Gewichtes in Form von Zucker.

Abb. 3: Drei Gläser mit Lösungen im Vergleich: Wasser (links), gesättigte Saccharose-Lösung ohne Invertase (mitte), gesättigte Saccharose-Fruktose-Glukos-Lösung mit Invertase (rechts). Zu sehen ist, dass sich in der Lösung mit Invertrase bedeutend mehr der gleichen Menge Saccharose gelöst hat. Kontrolle mit einem preiswerten Refraktometer (schlecht kalibriert) ergab 69,0° Brix für die Saccharose-Loesung und 76,5°Brix für die teilweise invertierte Lösung. Die Brix-Zaheln sind nur qualitativ zu werten, da für ein Zuckergemisch die Brix-Skala nicht geeignet ist, und für die Saccharose-Lösung wäre ein Honigrefraktometer nicht geeignet.

 

Nektar Zuckerwasser 1:1
Zuckerkonzentration 40% Zuckerkonzentration 50%
muss mehrfach umgearbeitet / getrocknet werden muss mehrfach umgearbeitet / getrocknet werden
Nektar enthält schon Fruktose / Glukose Zuckerwasser besteht zunächst aus Saccharose
Vorinvertiertes Zuckerwasser enthält schon Fruktose / Glukose

Tab. 1: Was haben Nektar und Zuckerwasser 1:1, als eine Lösung von Zucker in Wasser  mit einem Gewichtsanteil von 50% Zucker, gemeinsam?

 

Eigenschaft Saccharose Glukose Fruktose
Art Doppelzucker Einfachzucker Einfachzucker
Trivialname Haushaltszucker Traubenzucker, Dextrose Fruchtzucker
Dichte (g /cm3) (g/ml) 1,58 1,56 1,69
Brechungsindex 100% gerechnet: 1,55
Löslichkeit (kg/L) bei 20°C 2,00 0,47 0,79
Löslichkeit (kg/L) bei 100% 4,87
Energieinhalt (kcal/g) 4,05 3,74 3,75
Brechungsindex gesättigte Lösung 1,46 (66%) Paywall, anders als Saccharose Paywall, anders als Saccharose
Dichte gesättigte Lösung bei 20°C in g/cm3 1,33 1,36
Preis in €/kg 0,89 4,70 – 10,50 3,60 – 9,00

Tab. 2: Drei für Bienen wichtige Zuckerarten Haushaltszucker (Saccharose), Traubenzucker (Glukose), Fruchtzucker (Fruktose) und deren Eigenschaften.

Ein Diagramm des Brechungsindex von Haushaltszucker Gergen die Konzentration der Zuckerlösung.

Abb. 4: Diagramm der Abhängigkeit des Brechungsindexes eine Saccharoselösung von der Konzentration. Auf der x-Ache ist die Konzentration in Gewichtsprozent aufgetragen, auf der y-Achse der Brechungsindex. Die Daten der zugrundeliegenden Tabelle gingen nur bis 66%, einer gesättigten Lösung (im Bild fette Kurve). Aus den Daten wurde eine polynominale Regression gerechnet, die die Daten gut erklärt (mit einem Bestimmtheitsmaß von 1). Die Extrapolation liefert einen Brechungsindex für eine reine Zuckerlösung – die es nicht gibt, also kristallinen Zucker – von etwa 1,54. Mit einer Internetrecherche konnte kein anderer Wert gefunden werden.

Dals Bild visualisierte den Weg des Zuckers über die Biene in den Honig

Abb. 5: Der Weg zum Honig über die Biene. Zwei Möglichkeiten gibt es für die Bienen, an Futter zu kommen: Sie sammeln Nektar an Blütenpflanzen – alternativ sammeln sie Honigtau an Pflanzen oder Läusen – oder sie werden gefüttert. Zur Fütterung kommt Haushaltszucker – in Wasser gelöst – oder aus Stärke gewonnener Sirup zum Einsatz. Die Biene muss das Futter noch trocknen und invertieren, bis es in der Wabe die richtige Konsistenz hat und verdecket werden kann. Frisch geernteter Honig soll noch etwas nachreifen. Durch die weitere Invertierung werden noch weitere Aromastoffe erzeugt.

Das Bild zeigt drei Gläser mit Zuckerlösungen gleicher Konzentration Saccharose, Glukose und Fruktose

Abb. 6: Test mit drei Zuckerlösungen: Haushaltszucker (Saccharose), Fruchtzucker (Fruktose) und Traubenzucker(Glukose). Die Lösungen haben geweils den gleichen Gewichtsanteil von Zucker, hier 66%. Während die Brechungsindizes von Haushaltszuckerlösung und Traubenzuckerlösung nahe beieinander liegen, weicht Fruktose nach unten ab. Das kann bei einer „Reifung“ von Honig im geschlossenen Behältnis dazu führen, dass ein Refraktometer nach ein paar Wochen einen höheren Wassergehalt anzeigt, obwohl sich der Zuckergehalt gar nicht geändert hat. Geändert hat sich nur der Anteil von Fruchtzucker durch die weiter fortgeschrittene Invertierung.

Das Bild weigt die überaschen Veränderung - Kristallisation einer übersättigten Traubenzuckerlösung (Glukoselösung)

Abb. 7: Übersättigte Traubenzuckerlösung kristallisiert nach 48 Stunden aus. Zunächst wurde eine 66% Lösung aus Traubenzucker (Glukose) in Wasser hergestellt. Zunächst war die übersättigte Lösung, auch bei Zimmertemperatur, sirupartig flüssig. Nach 48 Stunden war die Lösung vollständig auskristallisiert. Das Pulver enthält immer noch 33% Wasser und schmeckt süß nach Dextroenergen. Das ist ein anschauliches und überzeugendes Experiment dafür, dass Nektar mit einem hohen Glukoseanteil (Raps) zu einem leicht auskristalllisierendem Honig führt.

Anhang

Quellen und weiterführende Links

Das Video zu Vortrag „Zucker, Sirup, Bienenfutter – was ist das und warum soll Imker das wissen“ bei den Viersener Imkern am 06.10.2024 auf youtube: https://youtu.be/GtBRWmoMtTg

Bienenfutter selber herstellen mit einem Bienenfutterbereiter: Bienenfutter-Bereiter selber bauen – Zuckersirup ohne rühren

Dichtetabelle Saccharose: https://www.internetchemie.info/chemie-lexikon/daten/s/saccharose-dichtetabelle.php

Zur Glukoseoxydase, Artikel „Biochemische Reaktionen und ihre biologischen Beiträge im Honig“ https://www-ncbi-nlm-nih-gov.translate.goog/pmc/articles/PMC9331712/?_x_tr_sl=en&_x_tr_tl=de&_x_tr_hl=de&_x_tr_pto=rq

https://schmidt-haensch.com/wp-content/uploads/2021/09/Technische-Grundlagen-Refraktometrie-1.pdf

https://www.eurotronik.de/dateien/Digitale%20Refraktometrie%20Zuckerarten%20und%20Einsatzgebiete.pdf

 

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