Kisten, in denen Bienen wohnen – sogenannte Beuten – sind oft braun oder grün gestrichen, wenn sie einen Metalldeckel haben, ist der in der Regel verzinkt und matt metallfarben. Für Bienen kann es besser sein, den Deckel reinweiß zu streichen, da dies den Wärmeeintrag in die Beute durch Sonnen-Strahlung mindert. Dieser Beitrag „…Deckel der Bienen-Beute weiß anstreichen…“ beleuchtet die Hintergründe.
Das Titelbild zeigt eine Beute im Mini Plus Format mit einem weiß gestrichenen Blechdeckel.
NEU; Die Mini Plus Erklärbeute im youtube Video in 3 Minuten erklärt https://youtu.be/mnrL7p8Ow04
Stand 23.03.2025
Bienen haben Hitzestress im Sommer
Die Sonne heizt die Beute auf – durch den Beutendeckel
Eigene Messungen zeigen, dass die Temperatur bei Sonneneinstrahlung in einer unbeschatteten Beute mit nicht-weiß gestrichenem Deckel sowohl mit als auch ohne Bienenbesatz ansteigt (Messelken et. al. 2024). Der Temperaturanstieg wird von den Bienen in der Beute aktiv durch ein Kühlverhalten begrenzt. Das aktive Kühlen beginnt mit ventilieren, bei stärkerem Temperaturanstieg holen Bienen Wasser und verdunsten das auf den Waben. Bienen, die aktiv kühlen, tragen keinen Nektar ein und können sich nicht um die Brut kümmern. Der Temperaturanstieg stellt somit eine Belastung für das Bienenvolk dar und bedeutet gegebenenfalls eine Ertragsminderung in der Imkerei. Bei zu hohen Temperaturen im Honigraum können durch die Erweichung des Wachses auch ganze Waben abreißen. Mit geringem Aufwand in Form einer hinterlüfteten Beschattung oder – wie hier beschrieben – eines weiß gesrichenen Deckels kann eine Minderung der Belastung und damit eine Verbesserung des Tierwohls bei Honigbienen erreicht werden.
Wissenschaftler haben herausgefunden …
Mit der Haltung in künstlichen Behausungen können Honigbienen bei starker Sonneneinstrahlung in Temperaturstress geraten (Seeley & Morse 1976). Bei zu hohen Temperaturen kommt es zu Brutschäden; auch die Stabilität des Wabenwerks ist gefährdet (Stabentheiner et. al. 2021). Ab 38°C nimmt zudem die Lebensfähigkeit der in der Spermathek der begatteten Königin gespeicherten Spermien ab (McAffee et. al. 2020).
Steigen die Temperaturen im Bienenstock über 36°C, beginnen Bienen mit einem aktiven Kühlverhalten. Im ersten Schritt versammeln sich „Fächlerinnen“ am Einflugloch und versuchen, die warme Luft mit Flügelschlag aus dem Stock zu transportieren (Tautz 2016). Genügt das Ventilieren nicht, holen Sammlerinnen Wasser und verteilen es auf dem Wabenwerk Die Verdunstung des Wassers kühlt zusätzlich. Die Vibrationen der Flugmuskulatur und der Flügel beim Ventilieren erzeugt Luftschall im hörbaren Bereich mit einer Frequenz von etwa 190 Hz (Woods 1957).
Bereits Lindauer (1954) hat bereits auf den Wärmestress der Honigbienen hingewiesen.
Lösungsansatz – Beutendeckel weiß streichen
Im Sommer 2024 wurden im Rahmen des Projektes Biene40 Temperaturen unter verschiedenfarbig gestrichenen Beutendeckeln untersucht (Brell 2025a). Dabei zeigt sich, dass es bei allen – auch hell wirkenden – Farben bei Sonneneinstrahlung einen massiven Temperaturanstieg gibt. Eine Ausnahme bildet ein rein weißer Anstrich, der zu einer deutlichen Reduktion des solaren Wärmeeintrages führt (Abb. 1)
Im Sommer 2023 zeigten Beschattungsexperimente an Dadantbeuten (Projekt Biene40), dass auch verzinkte Blechdeckel keineswegs alle Sonnenstrahlen reflektieren, sondern bei Bestrahlung einen deutlichen Temperaturanstieg zeigen. Im Frühjahr und Sommer 2025 wird ein Langzeitexperiment durchgeführt (Abb. 2) , dass den Wärmeeintrag durch den Blechdeckel bei großen Beuten differenziert betrachtet und dem Wärmeeintrag der Seitenwände gegenüberstellt.
Aus den Ergebnissen der o.g. Untersuchungen wird empfohlen, Blechdeckel zumindest auf der waagerechten Fläche weiß zu beschichten. Die Art der Farbe hat auf die Wirkung keinen Einfluss – Mit Acrylfarbe, Außenwandfarbe und weißem Autolack wurden gleichermaßen gute Ergenbnisse erzielt.
— Bild folgt —
Abb. 1: Ein Blechdeckel für das Mini Plus Beutensystem, weiß beschichtet. Es wurde zunächst eine weiße Grundierung zur besseren Haftung und dann ein weißer matter Autolack aufgetragen.
Abb. 2: Messungen an einer (bienenleeren) Dadant-Beute mit nicht-gestrichenem Deckel. Es sind an den vier Seitenwänden, am Innendeckel und ein Außensensor oberhalb des Fluglochs angebracht. Die Beute steht auf der Südseite eines Hauses auf dem Garagendach mit dem Flugloch nach Süden. Es bedeuten: T(1190) (blau) = Außensensor Flugloch, T(1185) (flieder) = Zargenwand Süd, T(1097) (magenta) = Innendeckel, T(245) (grün) = Zargenwand West, T(210 (gelb) = Zargenwand Nord – Hausseite, T(120) (rot) = Zargenwand Ost.
Anhang
Quellen
Becher, M. A., Scharpenberg, H., & R.F.A. Moritz, (2009): Pupal devel opmental temperature and behavioral specialization of honeybee workers (Apis mellifera L.). Journal of Comparative Physiology A, 195 (7): S. 673–679, https://doi.org/10.1007/s00359-009-0442-7.
Brell, Claus (2023) Was ist eigentlich Temperatur und wie misst man sie? online ressource, https://cbrell.de/blog/was-ist-eigentlich-temperatur/
Brell, Claus (2025a) Schutz vor Hitze – der Einfluss der Beutendeckel. biene&natur Sonderheft zum Klimawandel, im Druck.
Fahrenholz, L., Lamprecht, I. & B. Schricker, B. (1989): Thermal investigations of a honey bee colony: Thermoregulation of the hive during summer and winter and heat production of members of different bee castes. Journal of Comparative Physiology B 159, S. 551-560. https://doi. org/10.1007/BF00694379.
Alison McAfee, A., Chapman, A., Higo, H., Underwood, R., Milone, J., Foster, L., Guarna, M., Tarpy, D. & Pettis, J. (2020): Vulnerability of honey bee queens to heat-induced loss of fertility. Nature Sustainability 3, S. 367–376, https://doi.org/10.1038/s41893-020-0493-x.
Messelken,Wurm,Brell(2023) Temperaturmessungen-im-Bienenstock,Entomologie-heute-34
Messelken, Marco; Wurm, Julia; Brell, Claus (2024) Honey Bees Don`t Like It Hot – Temperature Measurements in Beehives During High Sunlight. https://vixra.org/abs/2401.0107
Seeley, T.D., & R.A.Morse, (1976): The nest of the honey bee (Apis mellifera L.). Insectes Sociaux 23, S. 495–512 . https://doi.org/10.1007/BF02223477.
Seeley, T. D. (1995): The wisdom of the hive: The social physiology of honey bee colonies. Cambridge, MA and London, England: Harvard University Press, 1995. https://doi.org/10.4159/9780674043404.
STABENTHEINER, A.,KOVAC, H., MANDL, M., & H. KÄFER, (2021): Coping with the cold and fighting the heat: thermal homeostasisof a superorganism, the honeybee colony. Journal of Comparative Physiology A 207, S. 337-351. https://doi.org/10.1007/s00359-021-01464-8.
Glossar
Bienenstock
Ein Bienenstock ist eine für Honigbienen (Apis mellifera) geschaffene Struktur, in der sie leben, Nahrung sammeln, Brut aufziehen und Honig produzieren. Der Bienenstock besteht aus der sogenennten Beute und dem darin befindlichen Bienenvolk. Das Bienenvolk besteht aus vielen tausend Arbeiterinnen, einer Königin und ein Teil des Jahres mehrere hundert Drohnen. Die Bienen können die Temperatur im Bienenstock konstant hoch halten. Im Brutbereich bevorzugen die Bienen eine Temperatur von 35°C. Im bereich, wo die Bienen Honig lagern, ist die Temperatur geringer.
Honigraum
Der Honigraum befindet sich normalerweise oberhalb des Brutraums, der für die Aufzucht der Bienenbrut (Eier, Larven und Puppen) verwendet wird. Der Honigraum ist vom Brutraum durch ein Gitter getrennt. Diese Gitter erlauben den Bienen, durchzugehen, verhindern jedoch, dass die Königin vom Brutraum in den Honigraum gelangt und dort Eier legt. Dadurch bleibt der Honigraum – i.d.R. -frei von Brut, und der Honig ist sauberer und einfacher zu gewinnen.
Autor und Lizenz
Autor: Prof. Dr. rer. nat. Claus Brell, aktuelle Projekte: Biene40, AI4Bee, Steel4Bees
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