Das Buch von Bruder Adam (mit bürgerlichem Namen Karl Kehrle (* 3. August 1898 in Mittelbiberach; † 1. September 1996 in Buckfast Abbey, Devon)) gilt als ein Standardwerk der Imkerliteratur. Sicherlich gehört Bruder Adam zu den größten Einflussgebern in der ertragsorientierten Imkerei – seine vielen Auszeichnungen belegen dies. Ohne ihn gäbe es die Buckfast-Biene nicht. Einiges, was nun 50 Jahren nach der Erstveröffentlichung als Neuheit in der Imkerei gefeiert wird, findet man bereits in seinem Buch. Die Lektüre lohnt also auf jeden Fall, auch wenn man sich für eine abweichende, z.B. zweizargige Betriebsweise mit Zander-Beuten und der Carnica-Biene entschieden hat. Bruder Adam ist ein herausragender Imker – ein herausragender Schreiber, der geordnet und mit Verzicht auf verbale Schnörkel einen gut lesbaren, strukturierten Lehrtext zusammenbringt, ist er jedoch nicht.
Dieser Beitrag bezieht sich auf die achte Auflage, erschienen 2019 im Frankh-Kosmos-Verlag. Wer die ersten 80 Seiten seines Buches nicht lesen möchte, findet hier eine kompakte Zusammenfassung seiner Betriebsweise. Auf seine Darstellung der Zucht ab Seite 81 verzichte ich hier, ebenso auf seine Ausführungen zur Met-Bereitung ab Seite 125. Einzelne Punkte versuche ich als – meist wörtliche – Zitate aus dem Buch zu fassen. Die Zitate sind – mit Blick auf Bruder Adams Weitschweifigkeit – oft gekürzt, das ist mit [..] gekennzeichnet. Die Anmerkungen stellen Bezüge zu anderen Quellen her oder geben Wertungen aus persönlicher Sicht.
Ein paar Sätze aus Bruder Adams Schlussbemerkung auf S. 123, die sich gut in einer Einleitung gemacht hätten:
„Betriebsweise, Biene, Beute und Zucht sind die Mittel, auf die sich der moderne Imker in jedem Land und Klima beim Betrieb einer erfolgreichen Imkerei stützen muss. [..] Wirtschaftlicher Erfolg [beruht] auf keinen komplizierten Mitteln und Maßnahmen. [..] Sie [die imkerliche Pflege] zielt bei der Biene in erster Linie auf Leistung; bei der Beute auf einfachste Konstruktion; in der Zucht auf Vermeidung jeder Künstelei.“
Das Titelbild (folgt) zeigt das Kloster Buckfast, dessen Klosterimkerei Bruder Adam lange leitete.
Stand 05.01.2025
1 Betriebsweise
Zitat (aus dem Vorwort zur ersten Auflage von 1969)
"Eine [...] Anpassung an die [...] Umweltverhältnisse ist [..] selbstverständlich [..]. Blindes Nachahmen wäre in jedem Fall von Übel." (S. 18)
Anmerkung:
Bruder Adam betont es mehrmals, dass der Erfolg einer Betriebsweise von verschiedenen Faktoren abhängt und es nicht eine Betriebsweise für alle Regionen, Beuten und Bienen geben kann.
Zitat
"Jede Betriebsweise muss allerdings auf die Eigenschaften und Besonderheiten der verwendeten Biene abgestimmt sein. [....] In englischen Sprachgebieten wird der Betriebsweise wenig Bedeutung zugemessen. In unserer Literatur werden die jahreszeitlichen Arbeiten unter dem Titel `Management` erwähnt. [..] Jede erfolgreiche Betriebsweise muss überdies weitgehend angepasst sein an die jeweiligen Klima- und Trachtverhältnisse sowie an die Art der Beute, mit der geimkert wird, und nicht zuletzt an die Eigenheiten der Biene selbst." (S. 21-22)
Zitat
"So wurde vor mehr als 50 Jahren [Anm.: also um 1920] die Ansicht vertreten, fremde Rassen sowie fremde Beuten und Betriebsweisen seien für unsere Umweltbedingungen absolut ungeeignet. Diese Ansichten [..] erwiesen sich als falsch und irreführend." (S. 23)
Anmerkung
Selbst heute noch vertreten einige Imker mit missionarischem Eifer einige festgefahrene Ansichten und glauben, dass es ein absolut richtig und ein absolut falsch in der Imkerei sowie eine beste Beute und eine beste Biene gäbe. Oft sind das Hobbyimker. Viele Berufsimker, die allein schon aus der betriebswirtschaftlichen Perspektive offener sein müssen, sind eher Überlegungen aufgeschlossen, mit denen sich der Ertrag steigern oder der Aufwand verringern ließe.
Zitat
"[...] mit Spitzenerträgen, die weit über drei Zentnern lagen. [..] Was waren die Vorbedingungen zu diesem überraschenden Erfolg? Ohne Zweifel in erster Liinie die geräumige Beute oder genauer: Ein unbeschränkter Brutraum, versehen mit dem nötigen Quantum Wintervorrat. [..] Drittens eine Raumerweiterung nach Bedarf, ohne wesentliche Eingriffe und Störungen. Zuletzt der allerwichtigste Faktor zu jedem imkerlichen Erfolg: Eine hochwertige Königin von leistungsfähiger Rasse und Abstammung" (S. 24-25)
Anmerkung
150 kg Ertrag pro Volk ist in der Tat beachtlich. in Bayern wurden in 2023 40kg geerntet, Imker am Niederrhein sind stolz, wenn sie 80kg Honig ernten können. Den Honigertrag sieht Bruder Adam vornehmlich als Ergebnis seiner Zuchtbemühungen. Stellt man nicht den Honigertrag in den Vordergrund, sind Bruder Adams Erkenntnisse trotzdem weiterhin wertvoll, da sein Vorgehen auf einer Reduktion und Minimierung von Aufwand beruht. Wer hingegen lieber ständig mit seinen Bienen spielen möchte, wird sich vermutlich eher eingeschränkt fühlen. Diesen Aspekt unterschlägt Bruder Adam mit seiner strikten Sicht auf den Erwerbsimker.
2 Bienenrasse
Zitat
"Die Buckfast Biene entstammt einer Kreuzung zwischen der Ligustica [Anm: Italienische Biene] und der einstigen einheimischen Mellifica Großbritanniens. [ggf. Übersetzungsfehler, gemeint ist vermutlich mellifera, die Dunkle Biene]. Gegenüber dieser [Ligustica] ist die Buckfast Biene fleißiger, sparsamer, schwarmträger, widerstandsfähiger gegen Krankheiten, vor allem gegen die Milbenseuche und Nosema. Sie sammelt beinahe kein Kittharz. Sie verfliegt sich stark." (S.26)
Anmerkung
Man findet weitere Aussagen im Buch, die nicht detailliert begründet werden, manchmal auch logisch schwer nachvollziehbar sind. Dann wirkt das Buch ein wenig wie ein Werbetext für Bruder Adams Zuchtbemühungen. Das mag ärgerlich sein, schmälert aber nicht das Füllhorn an wertvollen praktischen Erkenntnissen im Buch. Milbenseuche ist der Begriff für den Befall mit der Tracheenmilbe. Bevor es die Varroa-Milbe gab, war die Tracheenmilbe das Lieblingstier der Bienenseuchen-Fans. Heute (2025) ist die Tracheenmilbe durch die Varroa-Bekämpfungsmittel auf Säurebasis kein Problem. Sollten die Varroa-Restistenzzuchtbemühungen (z.B. Projekt Varroaresitenz 2033, https://varroaresistenzprojekt.eu/ ) erfolgreich sein und die Behandlungsraten mit Säuren stark abnehmen, wird man sich erneut mit der Tracheenmilbe beschäftigen müssen. Gegen Nosema hilft auch die intensive Beutenhygiene, die Bruder Adam später beschreibt. Ob die Bienenrasse oder die Hygiene hier einen größeren positiven Effekt hat, beleuchtet Bruder Adam nicht.
Zitat
"In allen Ländern englischer Sprache wird der Carnica keine nennenswerte wirtschaftliche Bedeutung beigemessen. Die extreme Schwarmneigung, die beschränkte Fruchtbarkeit, das Bedürfnis einer ständigen Reizfütterung in trachtlosen Pausen, passen [..] nicht in einen neuzeitlichen Betrieb. [...] Entgegen den Ergebnissen mit der Carnica hat sich die Cecropia oder griechische Biene wirtschaftlich sehr bewährt." (S. 27).
3 Beute
Zitat
"Eine Bienenwohnung ist [..] ein Werkzeug des Imkers. Vollkommenheit einer Beute ist nicht zu erreichen durch eine kostspielige, komplizierte Konstruktion, durch eine Vielfalt an Zubehör, sondern eher durch extreme Einfachheit." (S. 28)
Anmerkung
Das ist einer meiner Lieblingssätze im Buch. Die Aussage deckt sich mit einer Kernbotschaft in der Lehrgängen von Dr. Pia Aumeier („Ohne Kläppchen und Riegelchen und sonstigen Schnickschnack“), auch lässt sich diese Erkenntnis einfach aus den Worten Leonardo da Vincis (1452-1519) ableiten: „Einfachheit ist die höchste Stufe der Vollendung“.
Zitat
"Der Langstroth-Brutraum ist zu klein für eine fruchtbare Königin. [..] Folglich entschloss ich mich zu einem Brutraum mit 12 Dadant-Waben.[..] Selbstverständlich bin ich mir bewusst, dass ein Brutkasten, wie er von uns verwendet wird, nicht in jede Gegend passt, insbesondere in jene nicht, wo eine Frühtracht die einzige Honigernte ergibt." (S. 30-31)
Anmerkung
Bruder Adam arbeitet mit zwei Schieden und Völkern, die mehr als neun Dadant Waben voll besetzen, also Völker mit sehr fruchtbaren Königinnen. Ohne diesen massiven Besatz wird die Beute nicht mit Bienen gefüllt, das bedeutet ohne Schied thermische Nachteile durch Konvektion. Die Größe der Beute hängt also stark mit der Biene zusammen, eine Carnica passt vermutlich besser in ein anderes Beutenmaß. Der Zusammenhang mit der Frühtracht wird in der vorliegenden Übersetzung leider nicht beleuchtet.
Bild folgt.
Abb.: Ansprüche von unterschiedlichen Bewohnern an ihre Behausungen. Humanoide entscheiden sich gern für eine konkrete Bauform, Bienen sind flexibel und wählen ihre Behausung eher kriteriengeleitet (4) (Seeley 2014). So wird ein Rentner eher einen Bungalow ohne viele Treppen bevorzugen (1), Rapunzel benötigt zum Haare-herunterlassen zwingend einen Turm (2), während eine Hobbit eher Höhlen-Häuser in feuchter Auenland-Erde bevorzugt (3).
4 Aufstellung der Beuten
Zitat (indirekt)
In einem Bienenhaus ist eine Leistungsbewertung nicht möglich [wegen Verflug]. Die übermäßige Hitze in Bienenhäusern im Sommer erlaubt keine normale, gesunde Entwicklung. Stapelung oder Reihenaufstellung fördert die Verbreitung von Bienenkrankheiten [wegen Verflug]. (S. 32 - 33)
Anmerkung
Unser Temperaturmessungen im Projekt Biene40 von 2021 bis 2024 zeigen, dass hinsichtlich des Temperaturmanagements jegliche Formen der Überdachung der Beuten vorteilhaft ist und belüftete Bienenhäuser keinesfalls nachteilig. Ich bezweifle, das Bruder Adam intensiv das thermische Verhalten im Bienenhaus untersucht hat, sondern verbuche die Aussage unter ideologiegeleitetem Imkerlatein.
Zitat
"Seit 1922 verwende ich die Gruppenaufstellung, meistens mit je vier Völkern pro Gruppe. Jedes Volk in einer Gruppe hat eine andere Flugrichtung - ob Süd, Nord, Ost oder West macht im Ertrag absolut keinen Unterschied. Völker, so aufgestellt, verhalten sich ruhiger [...]." (S. 33)
Anmerkung
Die Gruppenaufstellung und deren Vorteil werden auch von anderen Autoren (Heuvel, 2022) berichtet. Allerdings sind Varroakontrollen mittels Varroaschieber, die Bruder Adam noch nicht durchführen musste, in Gruppenaufstellung erschwert.
Zitat
"Die obere Kante des Brutkastens ist etwa 60cm vom [Erd-] Boden entfernt."
Anmerkung
Bienen würden vermutlich 6m Höhe bevorzugen (Seeley, 2014), 60cm ist ein Maß, an dem kleinere Männer gut arbeiten können. Da Menschen immer größer werden, würde man heute vermutlich eher 70-80cm empfehlen. Ich selbe stelle meine Beuten gerne auf Labortische.
Zitat
"Obwohl unsere Imkerei gewiss intensiv betrieben wird, stützt sich die Betriebsweise dennoch auf die einfachsten und elementarsten Grundlagen und auf eine Vermeidung jeder nicht unbedingt nötigen Arbeit. Es ist wahrhaft erstaunlich, wie wenig Möglichkeiten dem Imker zu Gebote stehen, die einen positiven Einfluss auf das Wohl und das Gedeihen eines Bienenvolkes und damit auf den endgültigen Erfolg der Imkerei ausüben. Wir sollten immer daran denken: Im Wesentlichen sind unsere Bemühungen auf eine vernünftige, fürsorgliche Pflege beschränkt." (S. 35 - 36)
Anmerkung
Das entspricht wieder der Forderung nach Einfachheit, die Bruder Adam bezüglich der Beute aufgestellt hat.
5 Maßnahmen im Jahresverlauf
5.1 Durchsicht und Hygiene
Zitat
"Von Anfang Oktober bis zum 1. März überlassen wir die Bienen ihrem Geschick."
Anmerkung
Mit der heute oft notwendigen Restentmilbung Anfang Dezember und dem immer früheren Beginn des phänologischen Frühlings wird man das nicht auf den Niederrhein übertragen können. Die Wahrscheinlichkeit besteht, dass so ein Volk verhungert oder an Varroa zugrunde geht.
Zitat
"Auf der Mehrzahl unserer Bienenstände befinden sich 40 Völker. [...] Jeden Morgen fahren wir zu einem anderen Außenstand und tauschen dort die Bodenbretter aus. Die schmutzigen Bretter werden mit heimgenommen, dort in kochendem Wasser gereinigt und über Nacht getrocknet. Bis Mitte März ist diese Arbeit gewöhnlich beendet. Dann ist auch das Wetter warm genug zur ersten flüchtigen Nachschau und zur Einengung auf die Wabenzahl, die sie jeweils gut bedecken." (S. 36)
Anmerkung
Der Austausch der Bodenbretter ist eine gute hygienische Maßnahme, die sich allerdings in dieser Form mit den heutigen Böden mit Drahtgitter vermutlich erübrigt. Auch an anderer Stelle wird noch einmal die Beutenhygiene angesprochen. Ein so geführter Stand wird auch heute wahrscheinlich keine Symptome von Seuchen wie der Amerikanischen Faulbrut (AFB) zeigen.
Weitere Hygienemaßnahmen beschreibt Bruder Adam weiter hinten im Buch unter dem Abschnitt „Routinearbeiten“.
Zitat
"Alle vier Jahre werden die Bodenbretter, Bruträume und Bruträhmchen in kochender Lauge sterilisiert.[..] Wir verwenden etwa 500g Ätznatron oder kaustisches Soda [NaOH] auf 100 Liter Wasser.[..] Das Ätznatron sollte zuerst in kaltem Wasser gelöst werden. Dieses Reinigungsmittel verwenden wir nun schon seit vierzig Jahren, denn es hat sich als Lösungsmittel für Wachs und Propolis als unübertroffen erwiesen." (S. 62)
Anmerkung
Das Auskochen in Natronlauge ist ein probates Mittel bei der AFB-Sanierung. Eine solche regelmäßige Hygiene sollte die Wahrscheinlichkeit des Auftretens weiterer Bienenkrankheiten vermindern.
5.2 Einheitliche Volksstärke und Umweiselung
Zitat
"Das Ausgleichen der Völker Ende März betrachte ich als eine der wichtigsten Maßnahmen unserer Betriebsweise. Nichts bedingt in einem Großbetrieb mehr Arbeit und Zeitverlust, als unter- oder überdurchschnittlich starke Völker während der Entwicklungsperiode vor der Haupttracht." (S. 37)
Anmerkung
Bruder Adam empfiehlt, Brutrahmen zwischen Ständen auszutauschen, und, wenn genug Jungbienen, die sich nicht verfliegen können, da sind, am Stand auszutauschen, so dass alle Völker gleich stark sind. Mit Blick auf Brutkrankheiten wie Amerikanische Faulbrut würde man am Niederrhein von einer solchen Vorgehensweise (Austausch zwischen Ständen) eher abraten.
Zitat
"Eine Königin erreicht ihre Vollkraft und höchste Fruchtbarkeit im Jahr nach ihrer Geburt. [...] Das Zufügen einer vorgeprüften Königin [..] fördert dagegen die Frühjahrsentwicklung wie wohl keine andere Betriebsmaßnahme.[..] Die Annahme einer Königin ist nicht durch den Geruch bestimmt, sondern durch ihr Benehmen. Eine vollreife Königin [..] verhält sich ruhiger und kann mit absoluter Sicherheit zugesetzt werden, unter Missachtung aller bisher als unumgänglich betrachteten Vorsichtsmaßnahmen. Geruch [..] spielt keine Rolle. Wichtig ist ausschließlich das Verhalten. [..] Ihre [der Königin] Bewegungen werden gesetzter, matronbenhafter, ihre Reaktionen gleichmütiger. Wenn sie [die Königin] etwa vier Wochen lang gelegt hat, ist sie vollreif. [..] Die Königinnen, die wir jeweils zur Umweiselung im Lauf des Tages benötigen, werden mit vier Begleitbienen in Drahtkäfige gebracht und mit Zuckerteig versehen." (S. 38-40)
Anmerkung
Nahezu jährlich die Königin durch eine jüngere auszutauschen wird von mehreren Autoren als Kern einer ertragsorientiertet Betriebsweise gesehen. Bruder Adam versieht etwa ein Drittel seines Bestandes mit neuen Königinnen.
Zitat
"Nach dem Ausgleichen Ende März sitzen die Völker gewöhnlich auf sieben Dadant-Waben. Nach dem Ausgleichen und der Umweiselung bleiben die Völker ungestört bis annähernd Mitte April. Sie werden bis zu diesem Zeitpunkt eng gehalten, denn auf diese Weise geht die Entwicklung besser voran. [..] Die Erweiterung erfolgt schrittweise, bis Ende Mai oder Anfang Juni jedes Volk seine Vollzahl von zwölf Brutrahmen besitzt. Jedes Volk muss jährlich eine Mindestzahl von drei Mittelwänden ausbauen." (S. 42)
Anmerkung
Bruder Adam erweitert das Brutnest immer von außen und hängt niemals Mittelwände zwischen die Brutwaben. Die Erweiterung mit Schieden wird von anderen Autoren auch als „Imkern im angepassten Brutraum“ bezeichnet.
5.3 Füttern
Zitat
"Eine Reizfütterung [spielt] bei uns keine Rolle. [..] Fütterung unserer Bienenvölker [wird] nur durchgeführt, wenn sie unbedingt notwendig ist. [..] Eine Fütterung im April oder Mai veranlasst stets ein Übermaß von Drohnenbau und Drohnenaufzucht."(S. 45)
Anmerkung
Bruder Adam füttert lediglich im Herbst. Dazu nutzt er eine selbstentwickelte Einrichtung, den heute so genannten Adam Fütterer. Die Konstruktion gibt die folgende Zeichnung wieder. Der Fütterer verhindert das Ertrinken der Bienen und lässt eine Reinigung durch die Bienen zu.
Bild folgt.
Abb. Konstruktion Adam Fütterer. Bruder Adam füttert mit kalter Zuckerlösung 2:1. Kalte Zuckerlösung im Adam Fütterer löst keine Räuberei aus, es kann so auch Mittags gefüttert werden. Es wird immer mit einer Mindestmenge von sechs Litern auf einmal gefüttert (S. 46)
Zitat
"Nach der Rückkehr aus der Heide erhält jedes Volk sechs Liter Zuckerlösung, sofort, noch am selben Tag. Diese Fütterung erfolgt unabhängig von dem Quantum Honig, das sich im Brutraum befindet.[..] Nach der ersten Fütterung werden alle Völker gewogen. Jene, die nicht ein bestimmtes Mindestgewicht haben, erhalten eine entsprechende Ergänzung der Vorräte." (S. 59)
Anmerkung
Die Futtermenge am Niederrhein scheint deutlich höher zu sein. Vereinskollegen berichten von 30 Litern Sirup, der der Zuckerlösung von 2:1 in etwa entspricht. Das Wiegen wird seinerzeit recht aufwendig gewesen sein. Heute können Imker dazu auf eine Vielzahl von Trachtwaagen z.B. der Fa. Wolf oder Selbstbau-Systeme wie der beelogger zurückgreifen. Im Projekt Steel4Bees (http://steel4bees.de) wird dazu ein besonders einfacher Trachtschätzer entwickelt.
5.4 Honigräume
Anmerkung
Bruder Adam arbeitet mit Halbzargen und 10 Rahmen im Honigraum, also Dickwaben.
Zitat
"Mitte Mai, zur Zeit der Apfelblüte, erhalten unsere Ertragsvölker den ersten Aufsatz." (S. 48)
Anmerkung
Heute und am Niederrhein würde es sich wohl empfehlen, nach dem phänologischen Kalender aufzusetzen. Die Apfelblüte kann mittlerweile eher einsetzen. Bruder Adam geht davon aus, dass die Völker zu dieser Zeit neun Rahmen besetzten. Er wartet nicht, bis sie zwölf Rahmen besetzen, da so die Schwarmneigung steigt.
Zitat
"Jeder weitere Aufsatz [..] wird immer über den ersten Aufsatz gestellt.[..] Gegen Ende der Tracht wird die Stellung der Aufsätze geändert. [..] Der oberste Aufsatz kommt nun direkt auf das Absperrgitter.[..] denn gegen Trachtschluss tritt die Neigung zur brutnestnahen Honigstapelung stark in Erscheinung." (S. 54)
Anmerkung
Auf- oder untersetzen wird bei jedem Imkertreff diskutiert. Es gibt für alle Vorgehensweisen Argumente. Bruder Adam begründet sein Vorgehen im Buch ebenfalls ausführlich: geringere Störung, schnellerer Ausbau der Mittelwände, einfachere Kontrolle des Raummangels…
Zitat
"Zum Entfernen der Bienen aus den vollen Aufsätzen werden Porter-Bienenfluchten verwendet. [..] Wenn die Honigwaben vollständig verdeckelt sind, verlassen die Bienen die Aufsätze innerhalb weniger Stunden. Wir geben ihnen jedoch zwei Tage Zeit, so dass die Wegnahme der Honigräume dann ohne Zeitverlust vonstatten geht." (S. 54-55)
Anmerkung
Porter Bienenfluchten, um 1900 patentiert, verwenden Metallstreifen, die die Bienen hinaus, aber nicht hineinlassen. Imker am Niederrhein verwenden oft Bienenfluchten z.B. von Imgut, die ohne bewegliche Teile einfacher aufgebaut sind.
Abb.: Porter-Bienenflucht als Prinzipskizze. Bruder Adam beschreibt noch ein rechteckiges Metallgehäuse mit Metallzungen. Heute erhältlich sind ovale Kunststoffgehäuse, teilweise mit Metallzungen, meist mit Kunststoffzungen. Die Bienen zwängen sich von oben kommend durch die Zungen, können aber nicht in die andere Richtung.
5.5 (Waben-) hygiene
Zitat
"Die periodische Bauerneuerung im Brutraum betrachte ich als eine unumgängliche Vorsichtsmaßnahme zur Verhütung von Bienenkrankheiten.[..] Das Ideal ist ohne Zweifel die totale Bauerneuerung alle vier Jahre. [..] Die drei ältesten Waben kommen Ende Juni an die Außenseite des Brutnests. Das Umhängen der alten Waben und die Störung, die damit verursacht wird, kann zu Schwarmvorbereitungen Anlass geben." (S. 49)
5.6 Schwarmkontrolle und Überwachung
Zitat
"Von Ende März bis Ende Juni dürfen nie mehr als zwei Wochen ohne eine Kontrolle vergehen. [..] Dagegen erfolgt während der Schwarmzeit alle acht Tage eine Nachschau. Vom Ende Juli an, nach Entnahme der zwei alten Brutwaben, die um diese Zeit keine Brut mehr haben, werden die Untersuchungen eingestellt. Eine letzte Kontrolle erfolgt nach der Wintereinfütterung Ende September. [..] Unsere Hauptschwarmzeit beschränkt sich jetzt auf die Zeitspanne zwischen dem 5. und dem 20. Juli. [..] Wie die Betriebsweisen anscheinend das Steckenpferd des deutschen Imkers sind, so sind Schwarmverhinderungsmaßnahmen das des englischen Imkers." (S. 49-50)
Anmerkung
Die Schwarmzeit zumindest am Niederrhein ist deutlich früher, hier nimmt dann die Schwarmlust ab der Sommersonnenwende am 21. Juni ab.
Zitat
"Es gibt wirklich nur ein sichere Schwarmverhinderung, nämlich die Wegnahme der Königin, sobald sich Schwarmanzeichen in einem Volk bemerkbar machen.[..] Wenn man zu diesem Zeitpunkt [Ende Juni] die Königin wegnimmt und das Volk zehn Tage weisellos lässt. dann alle inzwischen aufgeführten Weiselzellen zerstört und danach unmittelbar eine junge begattete Königin zusetzt, erspart man sich alle Arbeit hinsichtlich einer weiteren Schwarmgefahr für diesen Sommer." (S. 50)
Anmerkung
Bruder Adam führt weitere Vorteile dieser Methode für die Bienengesundheit aus. Ebenso nimmt die Volksstärke dadurch ab. Bruder Adam hält das für vorteilhaft insbesondere dann, wenn keine weitere Tracht nachkommt.
Zitat
"Ein Volk, so behandelt und in diesem Zustand, geht ausschließlich mit Jungbienen in den Winter, und es ist erstaunlich, mit welchem Schwung die Entwicklung im Frühjahr vonstatten geht." (S. 51)
Zitat
[..] "dass wir nie einen Königin zusetzen, ohne ihr einen Flügel zu stutzen. Diese Maßnahme verhindert das Schwärmen nicht, aber ein Schwarm kann nie durchgehen, er muss ohne eine Königin immer wieder zurück. [..] Einen Schaden oder Nachteil, verursacht durch das Stutzen der Flügel, habe ich in 50 Jahren nie bemerkt." (S. 53)
Anmerkung
Flügel stutzen ruft in Deutschland regelmäßig einen – ideologisch verbrämten – Abwehrreflex aus. Die Flügel sind bei Insekten nicht mehr mit dem Körper leitend verbunden und haben auch selbst keine Rezeptoren, die Königin wird durch Opalithplättchen vermutlich mehr gestört als durch einen gestutzten Flügel. Ameisenköniginen sind so konsequent und brechen sich nach der Nestgründung die Flügel selbst ab (Hölldobler & Wilson).
5.7 Einwinterung
Anmerkung
Futtergaben zur Einwinterung sind weiter oben unter „Fütterung“ beschrieben. Bruder Adam hat sich intensiv mit Wärmeschutzmaßnahmen für die Überwinterung befasst und kommt zu überraschenden Befunden.
Zitat
"Alle Völker gehen auf zehn Dadantwaben in den Winter. Eine weitere Einengung oder irgend eine andere Maßnahme kommt zu dieser Zeit nicht mehr in Betracht. Nach dem 01. Oktober wird kein Volk mehr geöffnet." (S. 59)
Anmerkung
Wer mit Oxalsäure Träufeln restentmilbt, wird um eine Öffnung um den 10.Dezember nicht herumkommen. Allerdings hatte Bruder Adam das Varroa-Problem noch nicht.
Spannend sind die Ausführungen zu Wärmeschutzmaßnahmen, die Bruder Adam wie folgt mit großer Völkerzahl untersucht hat.
Zitat
"Vor etwa 55 Jahren propagierten Dr. Philipp und G. Demuth in den Verinigten Staaten einen besonderen Winterschutzkasten für je vier Völker. Die vier Völker standen Wand an Wand mit 4 Zoll [10cm] hoher Laubschicht unter den Bodenbrettern, 6 Zoll [15cm] um die äußeren Seitenwände und bis zu 12 Zoll [30cm] über den Deckbrettern. Viele Großimker in den nördlichen Staaten, wie auf in Kanada, stellten sich auf diese Art von Überwinterung um, so auch R. F. Holtermann, einer der erfolgreichsten Imker damals. Die Sache schien sehr verlockend, so dass ich zwei dieser Winterschutzkästen baute, genau nach den Anweisungen von Dr. Philipp - also für acht Völker insgesamt. Voller Hoffnung erwartete ich die Ergebnisse im kommenden Frühjahr. Alle acht Völker kamen in tadellosem Zustand durch den Winter. Die Beuten waren wunderschön trocken. Nirgends gab es ein Anzeichen von Wabenschimmel, was in unserer Gegend mit hoher Luftfeuchtigkeit über den ganzen Winter kaum zu vermeiden ist. Allerdings, nun kam die große Enttäuschung: Diese Völker, ohne Ausnahme, entwickelten sich nicht; es war keine richtige Brutfreudigkeit vorhanden, kein Erwachen und aufstrebendes Leben da, nur eine lungernde Weiterexistenz. Demgegenüber erstarkten die Völker in den Behelfsbeuten von damals, nur mit Dachpappe als Schutz, mit Riesenschritten. Ich entschloss mich trotzdem, diese Versuche im folgenden Winter fortzusetzen. Die Ergebnisse waren genau die gleichen." (S. 60)
Anmerkung
Ähnliche Versuche haben Dr. Pia Aumeier und Dr. Gerd Liebig in Deutschland unternommen mit dem vergleichbaren Ergebnis, dass die Volksentwicklung in isolierten Beuten nicht besser ist. Allerdings gibt es auch Imker mit anderen Erlebnissen, Imker mit Segeberger und Mini Plus Styroporbeuten und auch Berufsimker in Stehr-Kombikisten berichten über eine frühere Entwicklung. Meine Völker (in Mini Plus Überwinterungssystem, Holz) profitieren von einem massiv gedämmten Deckel mit 5cm Styropor.
Bruder Adam berichtet über einen Berufsimker, der einige Jahre später 160 Völker in diesen Winterschutzkästen 200 km östlich von Kloster Buckfast überwinterte – mit einem ähnlich schlechten Ergebnis. In der Folgezeit hat sich diese Form der Überwinterung auch in Kanada wohl nicht durchgesetzt.
Zitat
"Aus den Ergebnissen dieser Versuche ist zu folgern, dass die Kälte im Winter einen günstigen Einfluss auf die Volksentwicklung im Frühjahr ausübt und dass ein übermäßiger Winterschutz genau das Gegenteil erreicht. Allem Anschein nach kommt hier ein physiologischer Einfluss zum Zuge, von dem wir heute so gut wie nichts wissen, der sich aber dennoch als ausschlaggebend zeigt. [..] Ich vermute, die Völker in den Schutzbeuten kamen nie zu einer Winterruhe. Sie formten keine richtige Wintertraube, weil der Wintersitz zu warm war. Somit fehlte der Ansporn zur Entwicklung im Frühjahr. Wir legen jedoch großen Wert auf Windschutz. Wärmeschutzmaßnahmen sind ohne Zweifel angebracht im März und April, aber sonst wohl nicht oder nur in beschränktem Maß." (S. 61)
Anmerkung
Eine ähnliche Diskussion ergibt sich heute bezüglich des Varroaschiebers bei Böden mit Gittern – einlegen oder nicht einlegen. Die isolierende Wirkung dürfte gering sein, allerdings mildert ein Brett auf oder unter dem Gitterboden die Konvektion und den Luftzug.
6 Anhang
6.1 Quellen
Bruder Adam (2019) Meine Betriebsweise – Imkern wie im Kloster Buckfast. KOSMOS, Stuttgart, 8.Auflage
Heuvel, Bernhard (2022) Bienen im Kopf.
Seeley, Thomas D. (2014) Bienendemokratie. Fischer, Frankfurt a.M. In der deutschen Übersetzung von Sebastian Vogel. Das amerikanische Original: Seeley, T. D. (2010) Honeybee Democracy. Princeton University Press.
6.2 Glossar
Betriebsweise, imkerliche
Die Betriebsweise ist die Sammlung von Abläufen und Tätigkeiten, mit denen eine Imker seine Völker durch das Jahr führt. Betriebswirte würden von imkertlichen Prozessen sprechen. Die Betriebsweise hängt von der verwendeten Beute und der Biene ab. Betriebsweisen variieren je nach klimatischen Bedingungen.
Milbenseuche
Die Milbenseuche ist ein Befall der Bienen mit der Tracheenmilbe. Die Tracheenmilbe (Acarapis woodi RENNIE 1921) ist eine Innenmilbe, die in dem vordersten Tracheenpaar (Atemöffnungen) der erwachsenen Bienen lebt. Die Milbe ist etwa 1/10 mm groß.
Nosema
Nosemose ist eine Pilzerkrankung der erwachsenen Honigbiene (Arbeiterinnen, Drohnen und Königinnen), die zu Durchfallsymptomen führt. Nosema ist bei der Westliche Honigbiene weit verbreitet. Erkrankte Bienen scheiden mit ihrem Kot Sporen aus. Die Sporen werden oral mit dem Futter aufgenommen und sind auf Waben und Beutenoberflächen sowie iim Futtervorräten zu finden. Die Sporen bleiben über ein Jahr ansteckungsfähig.
Nosema apis führt vor allem im Frühjahr zu Symptomen, die sich im Rückgang der Bienenpopulation, Totenfall und Kotflecken („Pünktchenkette“) auf Waben und Flugbrett äußern. Nosema ceranae (mittlerweile häufiger) führt hingegen ganzjährig zum Auftreten von flugunfähigen Bienen („Krabbler“), dem Rückgang der Bienenpopulation, geringerer Honigproduktion bis hin zum Völkerzusammenbruch.