Preisgünstige Trachtwaage unter der Lupe

Das Bild zeigt ein Detail - eine Wägezelle - einer preiswerten Waage

Eine Trachtwaage steht auf dem Wunschzettel vieler Imker. Leider sind gute Waagen so wie guter Rat – teuer. Beehivemonitoring.com bietet eine preisgünstige Waage für unter 200 Euro. Zusammen mit Imkerkollegen Christoph habe ich die Waage untersucht.

Die Untersuchungen erfolgen im Rahmen der Projekte Biene40 und AI4Bee

20.12.2022

Was ist eine Trachtwaage?

Bienen tragen im Frühjahr Nektar ein und verarbeiten ihn zu Honig. Imker:innen ernten den Honig, es ist dabei gut zu wissen, wann die Bienen genug eingetragen haben. Dazu ist das Gewicht bzw. die Veränderung des Gewichts ein guter Indikator. Ebenso ist die Kenntnis der Gewichstveränderung im Winter nützlich. Daran können Imker:innen abschätzen, ob die Bienen noch ausreichend Futter haben.  Trachtwaagen sind nun Geräte, die i.d.R. unter den Beuten (Bienenbehausungen) stehen, das Gewicht messen und – meist über das Internet oder andere Netze – das aktuelle Gewicht anzeigen können.

Kurzbeschreibung der Waage

Die hier untersuchte Waage besteht aus zwei Aluminiumprofilen, an denen vier einfache Wägezellen befestigt sind.. Die Kabel der Wägezellen laufen in einem Kunststoffgehäuse zusammen. In diesem Kunststoffgehäuse steckt die Elektronik.

Die Waage sammelt die Daten im Speicher, sobald ein Smartphone mit der passenden App in der Nähe ist, überträgt die Waage die Daten an das Smartphone. Die aktúellen Daten werden in der App angezeigt, die App sollte die Daten an einen Server senden. (Die Waage ist nicht in der Lage, die Daten selber ohne Smartphone des Nutzers über Netze zu versenden). Mit einer zweiten App sind die Daten einsehbar.  Die Möglichkeit, die eigenen Rohdaten zu Analysezwecken herunterzuladen, ist offensichtlich nicht vorgesehen.

Abb. 1 zeigt den Aufbau der Waage von oben. Eine Beute muss mit ihren Bodenleisten genau auf die Schrauben in den aufgesetzten Wägezellen gestellt werden.

Bild, das eine preisgünstige Trachtwaage zeigt.

Abb. 1: Die Waage in der Aufsicht

Das steckt in der Waage

Die Wägezellen selber (Abb. 2) sehen aus wie Wägezellen aus Personenwaagen. Zur Funktionsweise solcher Waagen und der Verschaltung gibt es einen eigenen Beitrag: Wägezelle – wie funktionieren preiswerte Personenwaagen-Zellen. Die Nylonstoppmuttern sind verzinkt und können rosten – die hier gezeigte Waage hat schon einen Außeneinsatz hinter sich.

Bild: Wägezelle für eine preisgünstige Trachtwaage, hier an einem Alu-Profil angebracht

Abb. 2: Eine der vier Wägezellen von nahem. Es werden Wägezellen wie in Bad-Personenwaagen verbaut

Die Elektronik ist ordentlich auf einer Platine aufgebaut (Abb. 3). Die Platine liegt lose im Kunststoffgehäuse und war mit etwas Noppenfolie fixiert. Die Kabel der Wägezellen sind an Schraubterminals angeschraubt. Die Zuleitungen sind in Schrumpfschlauch gebettet, der nur teilweise geschrumpft ist (vermutlich, um eine gewisse Flexibilität zu erhalten).

Abb. 3: Das Innenleben. Zu erkennen ist die kleine Bluetooth-Antenne und der HX711

Signale aus den Dehnungsmessstreifen der Wägezellen bzw. der damit aufgebauten Wheatstoneschen Brücke sind prinzipbedingt sehr schwach. Der Verstärkerbaustein HX711 (Abb. 4), der die Messdaten verstärkt und gleich mit hoher Auflösung digital umsetzt, wird in vielen Waagen und so auch hier verbaut und ist quasi Standard.

Abb. 3: Der HX711 aus der Nähe

Abb. 4 zeigt den Chip, der offensichtlich für die Funkverbindung zuständig ist. Der Chip sieht aus wie das Pendant auf dem EXP32 oder ESP8266 oder dem Raspberry Pico W.

Abb. 4: Das Kernstück des Gerätes

So haben wir gemessen

Die Waage wurde auf einem Tisch auf der mit einem Glasdach überdachten Terrasse platziert. Auf die Wägezellen kam eine Pappel-Sperrholzplatte und – als konstantes Gewicht – zwei Futterkanister mit Wasser. Die Messreihe wurde angefertigt vom 06.12.2022 bis zum 15.12.2022.

In unregelmäßigen Abständen wurden mit einem iOS-Smartphone und der „grünen“ App des Herstellers die Daten ausgelesen und mit Zeitpunkt notiert. Um einen Betrieb am Stand und insbesondere einseitige Besonnung zu simulieren, wurde an einem Tag die Wage von einer Seite mit einem Gasstrahler bestrahlt. Während des Messzeitraums gab es hohe Luftfeuchtigkeit und Frost.

Untersucht wurde die Konstanz bei gleichbleibendem Gewicht. Die Linearität der Waage war nicht Gegenstand der Untersuchung. Hierzu gab es bereits frühere Messungen mit vergleichbaren Wägezellen, die eine sehr gute Linearität auswiesen.

Das haben wir gemessen

Die Waage zeigt Schwankungen zwischen höchstem und niedrigsten Wert von 1,26 kg (siehe Abb. 5). Eine lineare Regression des Gewichts gegen die Zeit ergab eine mittlere Abnahme von 0,13 kg pro Tag.

Die Übertragung der Daten auf den Server des Herstellers gelang während der Untersuchung nicht, konnte jedoch im Vorfeld von Imkerkollegen Christoph verifiziert werden.

Bild Tabelle Messreiche mit preisgünstiger Trachtwaage

Abb. 5 Tabelle mit manuellen Messungen via App des Herstellers

Subjektive Einschätzung der Tauglichkeit im Feld

Imkerkollege Christoph hatte die Waage vor der Messung im Einsatz auf seinem Stand. Grundsätzlich hatte ihm das Arbeiten mit der Waage – auch vor dem Hintergrund des niedrigen Preises – gefallen und er war zufrieden. Als Kritikpunkte in der Nutzung führt er an:

  • Keine Möglichkeit gefunden, die eigenen Daten z.B. als CSV-Datei zu exportieren
  • Keine Möglichkeit gefunden, Arbeiten an der Beute „herauszurechnen“ (kein Tara etc.)
  • Hin und wieder keine Datenübertragung an den Server

Fazit und Bewertung

Die Waage misst ein Gewicht. Die Konstanz reicht an Waagen mit kostenintensiven Wägezellen nicht heran. Die Abnahme des Gewichts über die Zeit interpretieren wir als Wandern der Dehnungsmesstreifen im Kleber – das wurde auch schon von anderen beobachtet. Das Wandern des Messwertes ist größer als die erwartete Gewichtsabnahme eines Volkes in der Winterruhe, was die Einsatzmöglichkeiten der Waage zur Kontrolle des Winterfuttervorrats einschränkt. Zur Unterstützung im Frühjahr, z.B. zur Erkennung des Trachtendes, sollte die Waage geeignet sein.

Quellen

Brell, Claus (2021)Digitale Waagen zum Selbstbau. In: bienen&natur Sonderheft Waldtracht 1/2021, S. 65

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