Wenn im Bienenstock neue Königinnen entstehen oder ein Bienenvolk Schwarmvorbereitungen trifft, können Imker:innen zuweilen ungewohnte Geräusche aus dem Bienenstock hören. Ein Tuten und Quaken ist die Kommunikation von gerade geschlüpften Jungköniginnen mit noch nicht geschlüpften Weiseln und oft ein Indiz, dass der Vorschwarm bereits ausgezogen ist. Über die Ursache und den Sinn der Geräusche sind sich Wissenschaft und Imker noch uneins.
Stand: 28.09.2023
Zitierung: Brell, Claus (2023) Tuten und Quaken – Bienenkönigin und -Prinzessin kommunizieren. Online Ressource, https://cbrell.de/blog/tuten-und-quaken-bienenkoenigin-und-prinzessin-kommunizieren/
Tuten und Quaken – das Geräusch
Tuten und Quaken kommt selten vor. Diese Geräusche erzeugen die neuen, gerade geschlüpften Bienenköniginnen und „Prinzessinen“ (neue Königinnen noch vor dem Schlupf in der Weiselzelle) . Letzteres klingt ein wenig so wie bei Enten.
Audio 1: Aufnahme mit dem Smartphone aus 2021, Ableger, ohne Altkönigin, Imkerverein Krefeld
Audio 2: Aufnahme aus dem Smartphone o.J. Imkerverein Viersen
Audio 3: Aufnahme aus unserem Projekt AI4Bee in 2023 (leicht modifiziert mit Hochpassfilter 600 Hz 24db/Oktave)
Abb 1. Spektrogramm der Aufnahme aus unserem Projekt AI4Bee vom 01.Juni 2023. Zu sehen sind die hellen Schlängellinien ab etwa 1000 Hz, die das Tuten kennzeichnen.
Audio 4: Externe Quelle (bienenschade.de) Tüten und Quaken: http://www.bienenschade.de/wp-content/uploads/2020/10/Tueten-und-Quaken.wav
Audio 5: Tuten und Quaken, aufgenommen mit einem Vibrationssensor (Körperschall) von Ramsey et. al. 2020
Erklärungsansätze
Für die Entstehung des Geräusch gibt es verschiedene Erklärungsansätze. Allen gemein ist, dass die Geräusche mit Hilfe der Flugmuskulatur erzeugt werden. Bienen können Luftschall nicht hören, aber die die Geräusche werden von den Brutwaben in Körperschall umgesetzt, den die Bienen mit den Beinen wahrnehmen.
Erzeugen gerade geschlüpfte Königinnen das Geräusch, so klingt es hell (tuten, manche sagen tüten), erzeugen ungeschlüpfte Königinnen in den Weiselzellen das Geräusch, klingt es gedämpft wie ein Quaken. Der Erzeugungsmechanismus ist jeweils der gleiche und wurde von Edwards Woods (1957) und Thomas Seeley (2014) aufgedeckt.
Unterschiede in den Erklärungsansätzen seien im Folgenden aufgelistet – die Erklärungen sind nur teilweise zufriedenstellend – da teilweise inkonsistent mit Beobachtungen aus der Praxis – und weitere Forschung ist notwendig.
Königin fliegt im Stock
Die Königin wird von den Arbeiterinnen im Rahmen der Schwarmvorbereitungen auf Diät gesetzt. Dadurch legt sie weniger Eier, verringert ihr Volumen und ihr Gewicht und wird dadurch wieder flugfähig (Bienefeld 2005, Ritter 2014).
Die ungeschlüpften Königinnen kommunizieren nicht wie bisher angenommen miteinander, sondern mit den Arbeiterinnen, damit die ihr beim Schlüpfen helfen und verhindern, dass weitere Königinnen schlüpfen. Das Geräusch ist als Hupen oder Quaken zu hören (Gärtner 2020, darin Bencsik & Ramsey 2018, Ramsey et. al. 2020). Das in der Frequenz höhere Geräusch (Tuten) kommt von der Königin, die wieder flugfähig ist und kurze Stücke im Stock fliegt. Ramsey et. al. stellen fest, dass (1) das Tuten immer dem Quaken vorausgeht, (2) es unter natürlichen Bedingungen einen Zeitraum von 4 bis 7 Tagen gibt, in dem die Königin nach dem Verlassen des Primärschwarms kein Geräusch verursacht und (3) imkerliche Eingriffe,(… jeglicher Art…) starke Störungen wichtiger Mechanismen zur Verhinderung des gleichzeitigen Auftretens rivalisierender Königinnen verursachen.
Prinzessinnen rufen um Hilfe
Das Volk ist in Schwarmstimmung, die Altkönigin wurde genötigt, mehrere Weiselnäpchen zu bestiften, 3-5-8, die Königin ist gemacht. Nach 16 Tagen sind die neuen Königinnen schlupfreif und die Altkönigin durch Diät auszugsbereit. Der erste Schwarm ist nun mit der Altkönigin ausgezogen (sog. Vorschwarm). Die erste Nachfolgerin schlüpft.
Tuten. Die Nachfolgerin tut nun kund, dass sie da ist, indem Sie ihren Thorax auf die Wabe drückt und mit der Flugmuskulatur Vibrationen von etwa 530 Hz erzeugt. Dieses Signal nehmen andere Bienen mit den Beinen war. Arbeiterinnen stellen, sobald sie das Signal hören, kurz ihre Aktivitäten ein, um die Übertragung der Töne nicht durch Füßetrappeln zu überdecke (Seeley 2014 S. 72). Nach kurzer Zeit wird sich die darauffolgende nächste Prinzessin (und potenzielle junge Königin) aus ihrer Weiselzelle heraus durch Quaken melden (Abb. 2).
Quaken. Für die bereits geschlüpfte Jungkönigin ist das Quaken (Frequenz um die 450 Hz, manche haben 200 Hz bis 350 Hz (Ramsey et.al. 2020) gemessen) ein Signal, dass es eine Konkurrentin und damit Handlungsbedarf gibt. Reicht das noch vorhanden Personal (Anzahl der verbliebenen Bienen im Stock) für einen zweiten Schwarm, kommt es zu einem sogenannten Nachschwarm. Die geschlüpfte Jungkönigin zieht ebenfalls aus. Bis das geschehen ist, hindern die Arbeiterinnen die Printzessinnen am Schüpfen, wohl damit es keine Kämpfe gibt. Ist das Volk stark genug, um erneut zu schwärmen, so schützen die Arbeiterinnen die Prinzessinnen in den noch verdeckelten Zellen.
Reicht die Personalstärke nicht für einen weiteren Schwarm aus, so wird das Volk die Prinzessin nicht schützen – auf das Quaken hin wird die geschlüpfte Jungkönigin ihre Konkurrentinnen suchen und durch einen Stich töten. (Die Honigmacher o.J., Seeley 2014 S74).
Abb. 2: Zeitliche Abfolge von Tuten und Quaken nach Seeley (2014, S.73).
Abb. 3: Tuten und Quaken, Spektrogramme nach Ramsey et a. (2020). Oben: Aufnahme im einem peripher angebrachtem Piezo-Beschleunigungssensor. Unten: Aufnahme mit einem zentral in der Wabe angebrachten Beschleunigungssensor. In der y-Achse ist die Ferquenz und in der x-Achse die Zeist in Sekunden angegeben.
Zu sehen ist: Das Quaken ist mit dem peripheren Sensor deutlicher zu sehen.
Sinn des Tutens und Quakens. Neuere Forschungen legen nahe, dass die Geräusche den Arbeiterinnen als Information über die Anzahl der verdeckelten und geschlüpften Königinnen dient. Danach können sie dann die Freilassung der noch verdeckelten Prinzessinen koordinieren, um die Anzahl der Konkurrenzkämpfe zu mindern. (Uthoff et. al. 2023)
Murmeln, Trällern, Aufbrausen. Dass das Tuten und Quaken erst nach dem Vorschwarm stattfindet, hatte Edward Woods schon 1957 erkannt. Er hatte vor, mit dem von ihm erfundene Apidictor gerade über Tuten und Quaken einen Schwarmabgang vorherzusagen. Auf der Such nach anderen zur Prediktion geeigneten Signalen stieß er auf eine Art Murren und Trällern (engl. warble), das die Arbeiterinnen abgeben, wenn die Königin auf Diät gesetzt wird. Ebenso entdeckte er, dass sich der Verlauf des Aufbrausens des Volkes (bei der Klopfprobe, Frequenzkomponenten bis 3kHz) vor dem Schwarmabgang ändert.
Die Frequenz des Murmelns liegt zwischen 225 Hz und 285 Hz. Diese Töne werden durch Heizen (etwa 240 Hz) der Fluggeräusche (260 Hz und 400 Hz (eigene Messungen)) maskiert. Letzteres indiziert, dass das Murmeln eher nachts, also ohne Flugbetrieb, zu detektieren ist.
Quellen
Bencsik, Martin & Ramsey, Michael Thomas (2018) We discovered more about the honeybee ‘wake-up call’ — and it could help save them. Nottingham Trent University. Online Ressource, abgerufen 11.09.2023, https://theconversation.com/we-discovered-more-about-the-honeybee-wake-up-call-and-it-could-help-save-them-105751
Bencsik M, Le Conte Y, Reyes M, Pioz M, Whittaker D, Crauser D, et al. (2015) Honeybee Colony Vibrational Measurements to Highlight the Brood Cycle. PLoS ONE 10(11): e0141926. https://doi.org/10.1371/journal.pone.0141926
Bienefeld, Kaspar (2005) Imkern Schritt für Schritt. Stuttgart.
Die Honigmacher (o.J.) Das Altvolk – Nachschwärme. Online Ressource, zuletzt abgerufen 11.09.2023. https://www.die-honigmacher.de/kurs5/seite_13406.html
Gärtner, Jenny (2020) Bienenköniginnen: Mit Quaken und Hupen aufd en Thron. Deutschlandfunk.
ORF.AT (2020) Warum Königinnen quaken und tuten
Ritter, Wolfgang (2014) Bienen naturgemäß halten. Hohenheim.
Seeley, Thomas D. (2014) Bienendemokratiie. Fischer, Frankfurt a.M. In der deutschen Übersetzung von Sebastian Vogel. Das amerikanische Original: Seeley, T. D. (2010) Honeybee Democracy. Princeton University Press.
Uthoff, Cassandra, Nabhan Homsi, Masun, von Bergen, Martin (2023)
Acoustic and vibration monitoring of honeybee colonies for beekeeping-relevant aspects of presence of queen bee and swarming. Computers and Electronics in Agriculture. Volume 205, 2023, ISSN 0168-1699, https://doi.org/10.1016/j.compag.2022.107589. (https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0168169922008973)
Woods, Edward (1957) Patentschrift zum Apidictor. online Ressource, abrufbar unter https://patents.google.com/patent/US2806082A/en. Eine deutsche Adaption findet sich unter http://www.immenfreunde.de/docs/EddieWoods.pdf
Anhang
Danksagung
Dank sei gesagt den Mitgliedern der Imkervereine Viersen (Matthias Krahn (Vorsitzender), Raimund Gurzan, René Baum) und Krefeld (Marco Messelken (BSV), Željko Majkić). Die Bewertung der Sounddateien und das Beisteuern eigener Aufnahmen war sehr hilfreich.
Glossar
Schwarm
Ein Bienenschwarm ist eine Ansammlung von Honigbienen, die sich kollektiv entschieden haben, ihre alte Bienenkolonie zu verlassen, um eine neue zu gründen. Schwärme sind ein das natürliche Vermehrungs-Verhalten von Honigbienen im Frühjahr. Der Schwarmprozess beginnt damit, dass die Bienen neue Königinnen heranziehen und die alte Königin auf Diät setzen., Sobald die neuen Königinnen (Prinzessinnen) schlüpfreif sind, verlässt die alte Königin mit etwa der Hälfte der Arbeiterinnen den Bienenstock und bildet den Schwarm. Der Schwarm hängt oft an einem Ast oder einer anderen geeigneten Oberfläche in der Nähe des Bienenstocks, einige Spurbienen suchen nach einem geeigneten Ort für die neue Bienenkolonie. Sobald dieser Ort gefunden ist, fliegt der Schwarm gemeinsam dorthin. Imker versuchen, Schwärme zu verhindern oder Bienenschwärme wieder einzufangen.
Weisel
Anderes Wort für Bienenkönigin.
Autor und Lizenz
Autor: Prof. Dr. rer. nat. Claus Brell, aktuelle Projekte: Biene40, AI4Bee
Lizenz: CC BY
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